UNIC/320
19. Februar 2001

Zweiter Bericht des zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimawandel:

Neue Analyse geht im Detail auf die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf Mensch und Umwelt ein

BONN/GENF/NAIROBI, 19. Februar (UNEP, UNFCCC, MO) - Vier Wochen nach Veröffentlichung des ersten Berichts über die Folgen der globalen Erwärmung ist der zweite Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimawandel (IPCC) mit detaillierten Angaben über die zukünftigen Auswirkungen der steigenden Temperaturen auf die Zivilisation und die Umwelt erschienen.

Der erste IPCC-Bericht bekräftigte, dass der Einfluss des Menschen auf das globale Klima stärker denn je nachweisbar ist und prognostizierte einen Anstieg der durchschnittlichen Temperaturen über der Erdoberfläche um 1,4 bis 5,8 Grad Celsius in den nächsten hundert Jahren. Die zweite IPCC-Analyse geht jetzt der Frage nach, wie die allgemeine Erwärmung sich konkret in Afrika, Asien und Europa in den nächsten Jahrzehnten auswirken wird. Obgleich auf noch bestehende Ungewissheiten hingewiesen wird, geht der Bericht im einzelnen auf die erwarteten Veränderungen im Wetterverhalten ein, sowie auf die Auswirkungen auf die Wasservorkommen, den Kreislauf der Jahreszeiten, die Ökosysteme, extreme Klimaereignisse und vieles mehr. Der Bericht ist eine objektive Beurteilung der heuten verfügbaren, aktuellsten und überprüften wissenschaftlichen Forschungen auf diesem Gebiet.

"Der Klimawandel ist eine zusätzliche Belastung, die noch über die erwarteten Bevölkerungs- und anderen Umweltentwicklungen hinausgeht", warnt Professor G.O.P. Obasi, Generalsekretär der Weltorganisation für Meteorologie (WMO). Die WMO hat, zusammen mit dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), den zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimawandel (IPCC) im Jahr 1988 gegründet. "Die Lebensformen, wie wir sie jetzt auf unserem Planeten kennen, werden auf den Wechsel hin zu einer wärmeren Welt reagieren müssen. Wir müssen Anpassungsstrategien finden, um diesen Veränderungen entgegenzuwirken, und dürfen dabei gleichzeitig nicht vergessen, unsere Wissensbasis zu verbessern. Jedes natürliche und sozioökonomische System scheint anfällig für den Klimawandel zu sein. Aber die am wenigsten entwickelten Länder sind dabei am meisten gefährdet."

UNEP-Exekutivsekretär Klaus Töpfer erklärte dazu: "Die Wissenschaftler haben uns eine beeindruckende Momentaufnahme davon gezeigt, wie unsere Erde, die schon so vielen anderen sozialen und ökologischen Zwängen ausgesetzt ist, später in diesem 21. Jahrhundert aussehen wird."

"Neben der Senkung der globalen Erwärmung durch eine Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen, müssen wir die machtvollen Veränderungen, die durch die industrielle Wirtschaft in Bewegung gesetzt worden sind, verstehen und vorausberechnen. Wir müssen damit beginnen, gefährdeten Tier- und Pflanzenarten und Ökosystemen zu helfen, sich an die neuen Klimabedingungen anzupassen. Die Regierungen sollten diese neuen Bedingungen in ihren langfristigen Investitions- und Planungsentscheidungen als Faktor berücksichtigen."

Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass unsere zukünftige Fähigkeit, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, in positiver wie negativer Weise von den Veränderungen in der Landwirtschaft beeinflußt wird, von lokalen und regionalen Trends zu Dürre, Überschwemmungen und Wirbelstürmen, von unvorhergesehenen Belastungen für Gebäude und Infrastruktureinrichtungen, von neuen Krankheiten und Gesundheitsrisiken und vielem mehr.

"Der neue IPCC-Bericht wird auf unseren Umgang mit Fragen der Armut und der nachhaltigen Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten folgenschwere Auswirkungen haben", betont Michael Zammit Cutajar, Exekutivsekretär der Klimarahmenkonvention (UNFCCC).

"Kein Land kann es sich leisten, die kommenden Veränderungen der Natur und der Umwelt zu missachten. Die Armen und die besonders Gefährdeten tragen das größte Risiko. Der Bericht erinnert uns rechtzeitig daran, dass wir den Kosten der Untätigkeit mehr Aufmerksamkeit schenken müssen und dass die Kosten des Handelns, nämlich der Reduzierung der Treibhausgasemissionen, nur einen Teil der Gleichung des Klimawandels bilden."

Viele physische Veränderungen, die Wissenschaftler als Folgen der globalen Erwärmung vorhergesehen haben, können heute bereits beobachtet werden. Das Eis der Arktis ist um rund 10-15 Prozent weniger geworden, während sich gleichzeitig das Eis der Antarktis von der Mitte der 50er bis in die frühen 70er Jahre um 2,8 Längengrade nach Süden verlagert hat. Die Wälder Alaskas weiten sich pro Erwärmung um ein Grad Celsius um rund 100 Kilometer nach Norden aus. Eisschichten auf Seen und Flüssen in den mittleren bis hohen nördlichen Längengraden tauen heute rund zwei Wochen schneller auf als vor 150 Jahren.

In den Alpen sind einige Pflanzenarten um ein bis vier Meter pro Jahrzehnt in höhere Schichten gewandert. In ganz Europa hat sich die Zeit des Wachstums von Pflanzen in gemischt angelegten Gärten von 1959 bis 1993 um 10,8 Tage verlängert. Zugvögel kommen heute in Europa und Nordamerika früher im Jahr an und fliegen erst später im Herbst wieder ab. Schmetterlinge, Käfer, Libellen und andere Insekten sind mittlerweile weit im Norden auffindbar, wo es vormals für sie zu kalt zum Überleben war. In großen Teilen Osteuropas, dem europäischen Teil Rußlands, in Zentralkanada und Kalifornien führen die Flüsse nicht mehr im Frühling sondern im Winter das meiste Wasser, weil mehr Niederschlag als Regen anstatt als Schnee fällt. In Asien sind rund 67 Prozent der Gletscher im Himalaja und in den Bergketten von Tianshan, die für die Wasserführung einiger großer Flüsse verantwortlich sind, im letzten Jahrzehnt zurückgegangen.

Dieser Trend soll sich im gesamten Verlauf des 21. Jahrhunderts und darüber hinaus fortsetzen. In Teilen Afrikas wird die Wüstenbildung aufgrund geringer werdender Regenfälle und geringerer Bodenfeuchtigkeit verstärkt. In vielen Ländern Asiens wird ein Rückgang in der landwirtschaftlichen Produktivität die Ernährungssicherheit gefährden. Ansteigende Meeresspiegel und heftiger werdende tropische Wirbelstürme könnten Millionen Menschen in den tiefer gelegenen Küstengebieten in Gefahr bringen. In Australien und Neuseeland wird das Wasser wahrscheinlich zu einer zentralen Lebensfrage werden, da für einen Großteil der Region Trockenheit angesagt ist.

Die Gefahr von Überschwemmungen wird in großen Teilen Europas zunehmen. In Lateinamerika wird es zu häufigeren Überflutungen und Dürrekatastrophen kommen und das Gebiet, in dem übertragbare Krankheiten zuhause sind, wird sich immer weiter in Richtung auf die Pole ausdehnen. In Nordamerika muss mit vermehrter Küstenerosion, Überflutungen und häufigeren Wirbelstürmen infolge des ansteigenden Meeresspiegels gerechnet werden, insbesondere in Florida und entlang der Atlantikküste.

Kleine Inselstaaten werden durch den Klimawandel wahrscheinlich am stärksten betroffen werden. In allen Regionen werden vor allem die Entwicklungsländer die größten Schwierigkeiten haben, sich dem Klimawechsel anzupassen.

* * *

Hinweis für Journalisten: Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an UNEP-Sprecher Tore Brevik, Tel. +254-2-623292 oder E-Mail: tore.brevik@unep.org, WMO-Sprecher Taysir Al-Ghanem, Tel. +41-22-730 8315 oder E-Mail: Ai-ghanem_t@gateway.wmo.ch, den UNFCCC-Ansprechpartner für Presseangelegenheiten Michel Smitall, Tel. 0228-815-1005 oder E-Mail: msmitall@unfccc.int. Im Internet finden Sie weitere Informationen und Grafiken unter www.grida.no, www.unfccc.int, www.wmo.ch und www.unep.ch/conventions/info/infoindex.htm, www.unfccc.int, www.wmo.ch,  und www.unep.ch/conventions/info/infoindex.htm.