DEV/2367
30. Januar 2002
"Monterrey- Konsens" über Entwicklungsfinanzierung
Einigung im Vorbereitungsausschuss für Internationale Konferenz in Mexiko
NEW YORK, 29. Januar - Nach zwei Wochen intensiver Verhandlungen haben sich Regierungsvertreter über zahlreiche Empfehlungen geeinigt, die die Entwicklung in den Mittelpunkt globaler Finanzreformen stellen und den Weg für die Internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (FfD) ebnen sollen. Die Konferenz findet vom 18. - 22. März 2002 in Monterrey, Mexiko, statt.
Der Monterrey-Konsens eröffne die Möglichkeit, "eine globale Partnerschaft aufzubauen" - eine Notwendigkeit, die durch die Ereignisse vom 11. September und die dramatischen Defizite bei den für die international vereinbarten Entwicklungsziele erforderlichen Finanzmitteln noch bekräftigt werde, sagte der Ko-Vorsitzende des Vorbereitungsausschuss, Botschafter Shamshad Ahmad (Pakistan).
Monterrey darf aber nicht als isolierte Veranstaltung gesehen werden, sondern muss ein erster Baustein in einem langen und dauerhaften Prozess sein, betonte Botschafter Ahmad. Dieses Argument ist vor allem für die Gruppe der 77 besonders wichtig, in der mehr als 130 Entwicklungsländer vertreten sind. Auch die Nichtregierungsorganisationen haben sich für diese Ansicht und deren Aufnahme in das Dokument besonders stark gemacht.
In 64 Absätzen behandelt der Monterrey-Konsens die Themen Handel, Entwicklungshilfe, Schulden, Investitionen, Stärkung der nationalen Kapazitäten und die Kohärenz der globalen und regionalen Finanzstrukturen. Zwischen den Industriestaaten und den Entwicklungsländern seien immer noch "divergierende Positionen" vorhanden, erklärte Botschafter Ahmad. Aber diese Positionen seien nun gleichwertig in einer gemeinsamen Diskussionsgrundlage und einem kohärenten Dokument vertreten. Auf dieser Basis könnten die in Monterrey teilnehmenden Länder ihren Worten Taten folgen lassen.
Ohne Fortschritte auf dem Gebiet der Finanzmittel seien die von 147 Staats- und Regierungschefs und 191 Nationen auf dem Millenniumsgipfel einstimmig angenommenen Ziele - wie die Halbierung der extremen Armut - in Gefahr, hatte UNO-Generalsekretär Kofi Annan erklärt. Die Vorbereitungen für die Konferenz seien einzigartig gewesen, hob die zweite Ko-Vorsitzende, Botschafterin Ruth Jacoby (Schweden), hervor. Sie hätten die Vereinten Nationen, den Internationalen Währungsfonds, die Weltbank, die Welthandelsorganisation sowie Vertreter der Zivilgesellschaft und der Privatwirtschaft an einen Tisch gebracht. Dass sich alle Betroffenen vom Anfang an bis zu den letzten Verhandlungsminuten an den Gesprächen beteiligen, habe es bisher in dieser Form noch nicht gegeben. Im Gegensatz zu vielen anderen Weltkonferenzen werde es in Monterrey nicht um Verhandlungen über einen Text gehen, sondern darum, neue Formen der Entwicklungsfinanzierung und der globalen Finanzsysteme zu erarbeiten, sagte Botschafterin Jacoby.
Die Verhandlungen über die Absätze 34 und 34b führten zu einer Einigung darüber, dass die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) "substantiell erhöht" werden müsse. Ausserdem müssten die Bemühungen um eine Anhebung der Hilfe auch durch den Aufruf an die Industriestaaten unterstützt werden, "konkrete Anstrengungen zur Erreichung des 0,7 Prozent-Zieles" zu unternehmen.
Dieses Ziel, 0,7 % des Bruttosozialprodukts für öffentliche Entwicklungshilfe aufzubringen, ist eine schon seit langem bestehende Forderung, die von jüngsten UNO-Konferenzen wieder bestätigt wurde. UNO-Generalsekretär Annan hatte sich zu Beginn der Sitzung des Vorbereitungsausschusses am 14. Januar für eine Erhöhung der aktuellen ODA um 50 Milliarden US-Dollar ausgesprochen. Nichtregierungsorganisationen und andere Beteiligte hatten sich aktiv dafür eingesetzt, diese Zahl in das Konsensdokument aufzunehmen. Obwohl Einwände einiger Industrieländer zu Kompromissen in dieser Frage geführt hätten, zeige das Dokument aber doch die Richtung auf, zu der sich die Welt verpflichtet fühle, betonte Botschafterin Jacoby.
Die Länder einigten sich auch auf eine internationale Nachfolgekonferenz zur Überprüfung der Umsetzung des Monterrey-Konsenses. Darüber soll spätestens 2005 entschieden werden. Für die Entwicklungsländer war wichtig, einen Zeitrahmen festzulegen, innerhalb dessen sich die Politiker der Welt erneut versammeln und Bilanz über die Umsetzung der Ziele von Monterrey ziehen sollen. Andere Parteien hielten es für verfrüht, schon jetzt ein Datum für die nächste Stufe der Umsetzung des Konsenses festzulegen. Unabhängig davon hätten sich aber alle Teilnehmer darauf geeinigt, den Prozess in der Entwicklungsfinanzierung in Monterrey beginnen zu lassen und in Zukunft weiter zu führen, betonte Botschafterin Jacoby.
Weitere Gelegenheiten zur Diskussion der Nachfolgemechanismen werden sich bei den Runden Tischen in Monterrey ergeben, die Staats- und Regierungschefs mit führenden Vertretern der Zivilgesellschaft, Wirtschaftsmanagern und Leitern internationaler Finanzinstitutionen zwei Tage lang zu einem offenen Dialog zusammenführen. Die Entwicklungsländer, auf deren Initiative die Konferenz zurückgeht, hätten sich mit den Formulierungen über Handelsfragen und andere institutionelle Reformen zufrieden gezeigt. Diese Reformen würden ihnen die Chance eröffnen, sich besser in das Weltfinanzsystem zu integrieren, fügte Botschafter Ahmad hinzu.
Die Einigung auf den Monterrey-Konsens ist im Vergleich zu anderen UNO-Weltkonferenzen ein Novum. Hier wurde noch vor Beginn der Konferenz der Entwurf eines Abschlussdokuments bereits vollständig ausformuliert und politisch gebilligt. Die sich daraus für Delegierte und Beteiligte aus dem gesamten politischen Spektrum ergebenden Vorteile liegen auf der Hand: Anstatt um Textformulierungen zu ringen, haben die Regierungen jetzt Zeit, konkrete Vorschläge zu machen und substantielle Massnahmen zur Verbesserung der Entwicklungsfinanzierung und der Integration aller Nationen in die Weltwirtschaft anzukündigen.
Die Konferenz im März ist das erste Gipfeltreffen, das sich ausschließlich mit der Entwicklungs- finanzierung befasst. Sie soll die für das Wirtschaftswachstum der Entwicklungsländer erforderlichen Finanzmittel mobilisieren und auf die Erfüllung international vereinbarter sozialer und humanitärer Ziele hinwirken. Die Staaten werden auf der Konferenz auf hoher politischer Ebene durch ihre Staats- und Regierungschefs sowie ihre Finanz- und Außenminister vertreten sein. Sie werden auch Gelegenheit zu einem engen Meinungsaustausch mit Repräsentanten der Zivilgesellschaft, der Privatwirtschaft und der internationalen Finanzinstitutionen haben.
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