UNIS/NAR/849
25. Juni 2004
UNO-Weltdrogenbericht 2004 legt Detailstudie globaler Tendenzen im Drogenbereich vor
Eine doppelbändige Publikation zu Markttendenzen und Langzeitanalysen von Statistiken über Anbau, Herstellung, Handel und Missbrauch von Suchtstoffen bestätigt eine leichte Verbesserung der weltweiten Drogensituation
WIEN, 25. Juni (UNO-Informationsdienst) -- Nach Angaben des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (United Nations Office on Drugs and Crime, UNODC) haben ungefähr drei Prozent der Weltbevölkerung (185 Millionen Menschen) während der vergangenen 12 Monate Drogen missbraucht. Ein geringer Prozentsatz der Weltbevölkerung missbraucht Kokain (13 Millionen Menschen) oder Opiate (15 Millionen missbrauchten Heroin, Morphin und Opium). Die bei weitem am meisten missbrauchte Substanz ist Cannabis (das zumindest einmal im Jahr von mehr als 150 Millionen Menschen konsumiert wird), gefolgt von amphetaminartigen Stimulanzien (38 Millionen Konsumenten, darunter 8 Millionen Ecstasy-Konsumenten).
Diese Zahlen wurden heute von UNODC in einem doppelbändigen Weltdrogenbericht präsentiert. Der erste Band deckt Markttendenzen und eingehende Trendanalysen ab, während der zweite Band detaillierte Statistiken über den weltweiten Drogenhandel auflistet.
Nach dem beträchtlichen Anstieg von Drogenmissbrauch während des letzten halben Jahrhunderts hat sich die weltweite Verbreitung von Drogen verringert. Weniger als einer von 30 Erwachsenen (fünf Prozent der Weltbevölkerung zwischen 15 und 64 Jahren) hat in den letzten 12 Monaten Drogen genommen. Die Zahl der Menschen, die Tabak konsumieren ist sieben Mal höher und erreicht erschütternde 30 Prozent der Weltbevölkerung, sagte UNODC-Exekutivdirektor Antonio Maria Costa anlässlich der Präsentation des Weltdrogenberichts 2004 bei einer Pressekonferenz in Moskau, die von Sergej Lavrov, dem Außenminister der Russischen Föderation moderiert wurde.
In vielen Ländern verringert sich durch verstärkte Drogenkontrollen der durch Drogen angerichtete Schaden auf einen Bruchteil, verglichen mit legalen Substanzen wie Tabak oder Alkohol. Dabei ist der erhebliche Rückgang von auf Drogenmissbrauch zurückzuführenden Todesfällen in Westeuropa während der letzten Jahre besonders ermutigend beinahe 20 Prozent zwischen 2000 und 2002, fügte Costa hinzu.
Trotz der ermutigenden Ergebnisse, sagte Costa, herrsche zwischen den Regierungen und der Öffentlichkeit Konsens darüber, dass das gegenwärtige Ausmaß an illegalem Drogenkonsum, zusammen mit den einhergehenden gesundheitlichen Folgen und kriminellen Handlungen, eindeutig inakzeptabel ist. Benötigt wird eine stärkere Präventions- und Behandlungspolitik, die die ganze Gesellschaft miteinbezieht.
Das multilaterale Drogenkontrollsystem erfreut sich praktisch universeller Zustimmung, betonte Costa. Obwohl die überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung (95 Prozent) vom illegalen Drogenkonsum unberührt bleibt, sind insbesondere die Jugendlichen dafür anfällig. Die Regierungen müssen viel mehr unternehmen, um Drogenmissbrauch vorzubeugen und den Betroffenen zur Seite zu stehen. Besonders Besorgnis erregend ist die Ausbreitung von HIV/AIDS bei intravenösem Konsum. Die Strafverfolgung muss sich auf Drogenhändler konzentrieren, während unsere Hilfe und Mitgefühl jenen gelten muss, die Opfer der niederträchtigen Dealer geworden sind.
1,3 Milliarden Menschen auf der Welt rauchen Tabak sieben Mal mehr als Drogenkonsumenten. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass im Jahr 2000 etwa 200.000 Menschen in Folge von Drogenmissbrauch starben (0,4 Prozent aller Todesfälle weltweit). Allerdings forderte Tabakkonsum 25 Mal mehr Menschenleben (4,9 Millionen oder 8,8 Prozent aller Todesfälle). Der Drogenmissbrauch kostet weltweit jährlich 11,2 Millionen gesunde Lebensjahre; Tabak verursacht einen fünfmal so hohen Schaden von 59,1 Millionen gesunden Lebensjahren.
Drogenmissbrauch hat sowohl negative Folgen für Einzelpersonen wie auch für das Funktionieren von Gesellschaften als Ganzes. In vielen Ländern behindert Drogenanbau die Entwicklung. Armut und schwache Regierungen erleichtern den Drogenhandel. Isoliertheit und Ausgrenzung verursachen Missbrauch. Drogenkontrollmaßnahmen müssen daher fest in der sozioökonomischen Tagesordnung eines Landes verankert werden. Dies bedarf des Mitwirkens der ganzen Gesellschaft, insbesondere der Familien, Schulen, Sportvereine, Glaubensgemeinschaften, nichststaatlichen Organisationen und der Medien, sagte Costa.
Einige der wichtigsten Ergebnisse des Weltdrogenberichts 2004:
● Gute Nachrichten kommen aus den zwei Regionen, die weltweit die größte Drogenproduktion aufweisen: In Südostasien geht der Anbau von Opiummohn in Myanmar und Laos weiter zurück, während in der Anden-Region beim Koka-Anbau zum vierten Jahr in Folge ein anhaltender Rückgang zu verzeichnen ist, wobei sich alle drei führenden Erzeugerländer (Kolumbien, Peru und Bolivien) bemühen, die Drogenversorgung laufend zu reduzieren.
● Was die gesundheitlichen Folgen betrifft, so stellen Opiate weltweit das ernsthafteste Drogenproblem dar. Sie machen 67 Prozent des asiatischen Drogenhandels aus, betragen 61 Prozent in Europa und 47 Prozent in Ozeanien. In Südostasien sind Methamphetamine das Hauptproblem geworden. Auf dem gesamten amerikanischen Kontinent belegt Kokain noch immer den ersten Platz, aber in den Vereinigten Staaten ist der Kokainkonsum der Studenten zurückgegangen. In Afrika dominiert noch immer Cannabis die Nachfrage nach Suchtbehandlung (65 Prozent). Wenn man Trends beim Anbau, der Produktion und dem Konsum berücksichtigt, verlagert sich der weltweite Heroinmarkt von den Industrieländern zu den Schwellenländern und manchen Entwicklungsländern. Viel wird vom Schlafmohnanbau in Afghanistan abhängen, das weltweit drei Viertel des illegalen Opiums herstellt, sagte Costa, wobei er die internationale Gemeinschaft aufforderte, sich dem Opiumproblem in Afghanistan verstärkt zu widmen.
● Während der letzten 10 Jahre ist die Menge an beschlagnahmten Drogen insgesamt gestiegen, wobei der stärkste Zuwachs bei den amphetaminartigen Stimulanzien zu verzeichnen ist.
● Die Umrechnung der Menge beschlagnahmter Drogen in Einheiten (z.B. eine typische Dosis um high zu werden) zeigt eine starke Zunahme von 14 Milliarden Dosen im Jahr 1990 auf 26 Milliarden im Jahr 2000, bei Anzeichen einer Stabilisierung in den Jahren 2001/2002. Die meisten Beschlagnahmungen in Einheiten sind auf dem amerikanischen Kontinent zu verzeichnen (10,4 Milliarden Dosen), gefolgt von Europa (7,4 Milliarden), Asien (5,5), Afrika (2,4) und Ozeanien (0,08).
● Auf Pro-Kopf-Basis ändert sich jedoch die Rangliste: Amerika (12,1 beschlagnahmte Einheiten oder Dosen pro Kopf), Europa (10,2), Afrika (2,9) Ozeanien (2,6) und Asien (1,5).
● Seit den frühen 90er Jahren stagniert die illegale Opiumproduktion (das zu Heroin weiterverarbeitet werden kann) weltweit zwischen 4.000 und 5.000 metrischen Tonnen, konzentriert sich aber mehr und mehr auf Afghanistan.
● Die Kokaproduktion (Kokain wird aus den Blättern des Kokabusches gewonnen) hat zwischen 1999 und 2003 um 30 Prozent abgenommen.
● In Folge der gestiegenen Labor-Beschlagnahmungen seit Mitte der 90er Jahre scheint der Konsum von amphetaminartigen Stimulanzien während der letzten zwei Jahre seinen Höhepunkt erreicht zu haben.
● Dem Weltdrogenbericht nach bleibt der Cannabismarkt dynamisch, durch den steigenden Konsum in Südamerika und die expandierenden Märkte sowohl in West- und Osteuropa als auch in Afrika.
● Obwohl der Markt mit amphetaminartigen Stimulanzien expandiert, steigt er nicht mehr so stark wie vor 10 Jahren.
Der Weltdrogenbericht 2004 zeichnet ein umfassendes Bild der globalen Drogentrends und zeigt Statistiken über Versorgung (Erzeugung und Handel) und Nachfrage. Der Analysen-Teil zeigt die vier größten illegalen Drogenmärkte, mit Trends bezüglich Erzeugung, Handel und Missbrauch von Opium/Heroin, Koka/Kokain, Cannabis und amphetaminartigen Stimulanzien. Die Statistiken liefern Zahlen für jedes Land. Der doppelbändige Bericht umfasst nun den früheren Bericht Weltweiter illegaler Drogentrends und den Weltdrogenbericht. Laut UNODC wurden die beiden Berichte zusammengefügt, um den Analysebereich zu vergrößern, bei gleichzeitiger Beibehaltung der jährlichen Veröffentlichung neuer statistischer Daten.
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