UNIS/INF/139
27. April 2006
Neue EU-Mitgliedstaaten wollen mehr hochqualifizierte Zuwanderer
WIEN, 27. April (UNO-Informationsdienst) -- Internationale Migration und Entwicklung stehen im Mittelpunkt des erst kürzlich veröffentlichten Weltbevölkerungsberichts (World Population Monitoring Report) des Generalsekretärs der Vereinten Nationen. Der Bericht bringt demografische, soziale und ökonomische Aspekte internationaler Migration in Zusammenhang mit Entwicklungstendenzen und analysiert aktuelle Trends internationaler Migration. Der Bericht bildet die Grundlage für die Vorbereitung des am 14. und 15. September 2006 in New York stattfindenden Hochrangigen Dialogs über internationale Migration und Entwicklung.
Kernpunkte des Berichts für 2005: die Anzahl internationaler Migranten betrug weltweit 191 Millionen; sechs von 10 Migranten leben in Industrieländern; 50 Prozent der internationalen Migranten sind Frauen und Mädchen; in Europa betrug der Anteil weiblicher Migranten sogar 53 Prozent; zwischen 2010 und 2030 wird fast ausschlieβlich die Netto-Migration für das Bevölkerungswachstum in Industrieländern verantwortlich sein, und Europas Bevölkerung wäre ohne Migration seit 1995 sinkend.
In vielen Ländern sind seit 1990 beträchtliche Veränderungen bei der Handhabung der Migrationstrends durch die Regierungen festzustellen. Während 1996 noch 40 Prozent der Regierungen eine Verringerung der Zuwanderung anstrebten, halbierte sich diese Zahl mittlerweile. Viele Einwanderungsländer änderten die Gesetzeslage sogar dahingehend, den Zugang für Immigranten, die gebraucht werden, zu erleichtern.
Die Migrationstrends in mittel- und osteuropäischen Ländern wurden vor allem durch historische Umbrüche wie den Zusammenbruch der Sowjetunion oder die EU-Osterweiterung 2004 geprägt.
Dem Bericht zufolge war der Zusammenbruch der Sowjetunion und der Fall des Eisernen Vorhangs der Beginn verstärkter Migrationsbewegungen von mittel- und osteuropäischen Ländern in Richtung westeuropäischer Länder. Gegenwärtig sind es verstärkt temporär Arbeitssuchende aus den neuen EU-Mitgliedstaaten, die in andere europäischen Ländern kommen. Im Jahr 2002 kamen z.B. 90 Prozent der Arbeitsmigranten nach Deutschland aus osteuropäischen Staaten (speziell Polen). Auch das Vereinigte Königreich hat eine steigende Anzahl polnischer Arbeiter. Mit der Öffnung der innereuropäischen Grenzen erhöhte sich die Anzahl bilateraler Arbeitsübereinkommen innerhalb der Region in den frühen 1990er Jahren um das Fünffache.
Das Ausbildungsniveau von Migranten steigt stetig. Hatten 1990 weltweit noch 41 Prozent der über 25-jährigen Migranten einen Universitätsabschluss oder Vergleichbares, so waren es 2000 schon 44 Prozent. In Europa sind sowohl die Zahl als auch der Anteil höher gebildeter Migranten bedeutend niedriger als der weltweite Durchschnitt: nur 15 Prozent im Jahr 1990, 21 Prozent im Jahr 2000.
Um dem entgegen zu wirken, versuchten die neuen EU-Mitgliedstaaten Immigration im Rahmen ihrer nationalen Bedürfnisse gezielt zu fördern. Die Tschechische Republik beispielsweise begann 2003 anhand eines Punktesystems hochqualifizierte ausländische Arbeiter ins Land zu holen. Polen und die Slowakei zählen - gemeinsam mit Spanien - zu den europäischen Ländern mit den meisten Arbeitsübereinkommen. Einzig Rumänien stellt eine Ausnahme dar; ist es doch eines von nur sechs Industrieländern, das nach wie vor die Zuwanderung reduzieren möchte.
Weitere Meilensteine für Mittel- und Osteuropa bilden der Beitritt zum Schengen-Abkommen im Jahr 2007 und das Auslaufen der bis 2011 gültigen Einschränkungen EU-interner Bewegungsfreiheiten der Bürger neuer EU-Länder. Die neuen Schengen-Mitglieder müssen einerseits
die Kontrollen an ihren Auβengrenzen verstärken, dürfen jedoch ihre internen Grenzkontrollen zu anderen Mitgliedstaaten lockern.
Österreich wird, gemeinsam mit Deutschland, aufgrund der erleichterten Einreise von Bürgern aus neuen EU-Staaten eines der beiden EU-Länder mit den gröβten Zuströmen von Migranten sein. Den Prognosen des Berichts zufolge werden diese Tendenzen sowohl das Lohnniveau als auch die Beschäftigungsrate nur unbedeutend beeinflussen. Die Migration zur Weiter- oder Ausbildung ist oft ein erster Schritt in Richtung der Verlegung des Lebensmittelpunktes ins Ausland. In Österreich bekommen Absolventen von Informationstechnologie-Studien Zutritt zum Arbeitsmarkt und eine Aufenthaltsbewilligung. Österreich versucht somit die Zahl und den Anteil an hoch ausgebildeten Migranten zu erhöhen.
Einwanderungsländer erkennen die Vorteile der Vielfalt für ihre Gesellschaft und etablieren daher Strategien, die sich auf die Integration von Migranten konzentrieren. Derartige Initiativen stellen die Wichtigkeit der Verhinderung jeglicher Form von Diskriminierung in den Vordergrund und beinhalten Maßnahmen zur Sicherung von Religionsfreiheit, genauso wie das Angebot spezieller Sprachkurse. Ein Hauptanliegen bei den Integrationsperspektiven von Migranten sind meist die fehlende Bildung der zweiten Generation, größere Arbeitslosigkeit und Abhängigkeit vom Sozialstaat. In der EU beträgt die Arbeitslosenrate unter Ausländern beispielsweise das Doppelte der Arbeitslosenrate von EU-Bürgern. Um die Konkurrenzfähigkeit von Migranten auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, erstellen einige Einwanderungsländer Ausbildungsprogramme, die sich speziell auf Migrantinnen konzentrieren.
Für die Einwanderungsländer erweist sich internationale Migration als generell positiver Einfluss sowohl auf die Entwicklung des Lohnniveaus und das Angebot am Arbeitsmarkt, als auch auf das Netto-Steueraufkommen, da Migranten Steuern zahlen und somit die öffentlichen Aufwendungen für Gesundheit, Bildung und andere öffentliche Leistungen anheben. Obwohl die Anwesenheit internationaler Migranten eine minimale negative Auswirkung auf die Löhne von Nicht-Migranten haben könnte, oder bei starren Löhnen die Arbeitslosigkeit anheben könnte, sind solche Auswirkungen auf nationaler Ebene gering. Mittel- und langfristig gerechnet, kann Einwanderung Arbeitsplätze schaffen und die Netto-Steuereinnahmen erhöhen. Studien in schnell alternden Gesellschaften zeigen, dass internationale Migration erheblich zu Steuerentlastungen für zukünftigen Generationen beitragen kann.
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Um den gesamten Bericht zu lesen, besuchen Sie:
http://daccessdds.un.org/doc/UNDOC/GEN/N06/221/82/PDF/N0622182.pdf?OpenElement