UNIS/INF/284
22. September 2008

Millenniums-Entwicklungsziele:

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon fordert Afrika und Geberländer auf ihre Anstrengungen zu verdoppeln

WIEN, 22. September (UNO-Informationsdienst) - Die Wirtschaft in vielen Ländern Afrikas wächst heute stärker als vor zehn Jahren. Sie wächst sogar schneller als in vielen anderen Entwicklungsregionen. Trotz dieses Fortschritts liegt Afrika beim Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele und anderer Entwicklungsvorhaben weit zurück, berichtet UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon. Afrikanische Länder und ihre internationalen Partner müssten deshalb ihre Anstrengungen verdoppeln. Dabei sollen sie sich nicht auf weitere Ziele verpflichten, sondern müssten die vorhandenen Erklärungen in die Tat umsetzen und "Visionen politische Taten folgen lassen". Der Bericht des Generalsekretärs (A/63/130) - der eine umfassende Übersicht über bisherigen Erfolge und Defizite sowie Analysen und Empfehlungen bietet - wurde von der Generalversammlung für ihr hochrangiges Treffen am 22. September 2008 über die Entwicklungsbedürfnisse Afrikas in Auftrag gegeben. Bei dem Treffen überprüfen die UNO-Mitgliedstaaten zum ersten Mal seit dem Beschluss einer "Neuen Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas (NEPAD)" die bisherige Umsetzung dieses zentralen Plans für den Kontinent aus dem Jahr 2001 durch Afrika und die internationale Gemeinschaft. Das Treffen wird zur Halbzeit für das Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele abgehalten, während die Sorge wächst, dass Afrika hinter die anderen Weltregionen weiter zurückfällt. Obwohl einige afrikanische Länder bemerkenswerten Fortschritt bei einigen Zielen gemacht haben, wird nach Angaben des Generalsekretärs auf der Grundlage momentaner Entwicklungen sehr wahrscheinlich kein afrikanisches Land die Millenniums-Entwicklungsziele bis 2015 erreichen. Zwei Fünftel der afrikanischen Bevölkerung lebt in extremer Armut. Zusätzlich zu der Herausforderung der anhaltenden und extremen Armut wird Afrika außerdem mit weiteren bedrohlichen Problemen konfrontiert: einer weltweiten Nahrungsmittelkrise, einem stark ausgeprägtem Klimawandel und steigenden Energiepreisen. Um diese Schwierigkeiten zu überwinden, haben sich Afrika und seine Partner in den letzten Jahren auf zahlreiche Verpflichtungen festgelegt. Diese Verpflichtungen seien jedoch auf beiden Seiten "nur teilweise umgesetzt" worden, so der Generalsekretär

Hilfe

Beim G8-Gipfel im Jahr 2005 haben sich die beteiligten Industrieländer darauf geeinigt, die Hilfe für Afrika bis 2010 zu verdoppeln. Bis zum Folgejahr war die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) für Afrika (die Entschuldung nicht einberechnet) allerdings nur um acht Prozent gestiegen. Nach Angaben des Generalsekretärs sind die Geberländer seitdem "im Rückstand geblieben". Ein großer Teil der Unterstützungsgelder der Europäischen Union (EU) fließt jetzt nach Afrika, insgesamt 62 Prozent im Jahr 2006. Im Jahr 2007 gab es dagegen einen leichten Rückgang bei den weltweiten EU-Hilfsleistungen. Der Generalsekretär schlägt vor, dass die externe finanzielle Entwicklungshilfe für Afrika jährlich 72 Milliarden US-Dollar erreichen sollte, um die Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele zu unterstützen. Der Generalsekretär erklärt außerdem, dass es zwar in der Art, wie Geberländer die Hilfsmittel nach Afrika bringen, Verbesserungen gegeben hätte. Trotzdem liefen Hilfsprogramme oft unkoordiniert und seien nur teilweise auf die nationalen Entwicklungsprioritäten der Empfängerländer ausgerichtet. Seine Kritik gilt auch den Vereinten Nationen, wo es Tendenzen gäbe, "die Aktivitäten für Afrika auszuweiten, was wiederum Unstimmigkeiten verursacht".

Schulden

Einen Hoffnungsschimmer gibt es im Bereich der Schulden. Im Juli 2008 haben 19 afrikanische Länder einen bedeutenden Nachlass ihrer Schulden gegenüber Regierungen und zwischenstaatlichen Institutionen erhalten. Darauf fiel die Gesamtverschuldung Afrikas von 205,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 1999 auf 144,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2007. Der Generalsekretär warnt allerdings davor, dass sich Afrikas Privatverschuldung allmählich nach oben bewegt, von 92,4 Milliarden auf 110,2 Milliarden Dollar im gleichen Zeitraum. Er empfiehlt, die Schuldenerleichterung auf andere afrikanische Länder auszuweiten.

Handel

Die Fortschritte, die Handelschancen Afrikas zu verbessern, seien bisher sehr gering, berichtet der Generalsekretär. Die Doha-Runde stehe an einem "kritischen Scheideweg". Die afrikanischen Staaten haben gefordert, die landwirtschaftlichen Subventionen der EU, USA, Japan und Kanada zu senken. Seit dem Jahr 2001 sind Subventionen in Höhe von 750 Milliarden US-Dollar gezahlt worden und beeinflussen die Weltmarkpreise für landwirtschaftliche Exporte aus Afrika. Der Generalsekretär fordert, die landwirtschaftlichen Subventionen dringend zu senken sowie Handelsreformen einzuführen, um den Marktzugang afrikanischer Staaten zu verbessern.

Frieden und Sicherheit

Um Afrika dabei zu helfen, bewaffnete Konflikte zu lösen, haben die G8-Staaten im Jahr 2005 zugesagt, 25.000 afrikanische Blauhelmsoldaten auszubilden und die geplante Einsatztruppe der Afrikanischen Union technisch zu unterstützen. Allein die Vereinigten Staaten werden etwa 75.000 Soldaten bis zum Jahr 2010 ausbilden. Die EU hat zwischen 2005 und 2007 rund 250 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt. Der Generalsekretär betont jedoch, dass diese Unterstützung der G8 "unkoordiniert und aus dem Stegreif" abgelaufen sei.

Beitrag der afrikanischen Staaten

Die afrikanischen Staaten müssen selbst mehr tun, um ihre innerstaatlichen Einnahmen zu erhöhen und die Produktivität ihrer Wirtschaft zu steigern, so der Generalsekretär. Um das NEPAD-Programm zur Entwicklung der Landwirtschaft zu unterstützten, haben afrikanische Regierungen im Jahr 2003 zugesagt, bis 2008 jeweils zehn Prozent ihrer öffentlichen Ausgaben in die landwirtschaftliche und ländliche Entwicklung zu investieren. Bisher haben nur sechs Staaten dieses Ziel erreicht. Afrikanische Regierungen haben im Jahr 2001 auch zugesagt, ihre Gesundheitsetats um 15 Prozent zu erhöhen. Auch dieses Ziel haben nur sechs Staaten erreicht.

Unter dem Dach von NEPAD haben sich zahlreiche afrikanische Staaten darauf geeinigt, sich in einem freiwilligen Prozess gegenseitig darauf zu prüfen, ob demokratische Regeln und gute Regierungsführung eingehalten werden (sogenannte African Peer Review Mechanism). Bisher sind 29 Staaten diesem Prozess beigetreten. Das sind mehr als die Hälfte aller NEPAD-Staaten. Sieben Staaten haben sich einer solchen Überprüfung gestellt. Der Generalsekretär empfiehlt, dass afrikanische Regierungen, Medien und die Zivilgesellschaft mehr tun, um ihre Bürger an dieser Überprüfung teilhaben zu lassen. Er empfiehlt auch, dass afrikanische Staaten eine ähnliche Überprüfung einführen, um die Millenniums-Entwicklungsziele zu erreichen.

Der Generalsekretär stellt fest, dass die Beteiligung von Frauen in der Politik zugenommen hat. Die Zahl der weiblichen Abgeordneten in den Parlamenten ist von sieben Prozent (1990) auf 17 Prozent gestiegen (2007). Der Generalsekretär empfiehlt, die "Teilhabe und Bevollmächtigung aller gesellschaftlichen Gruppen" im Bereich von Politik und Entwicklung zu stärken.

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Pressekontakt:
Ernest Harsch
Africa Section, Department of Public Information
Telefon: (+1-212) 963-4513
Email: harsch@un.org

Den vollständigen Bericht des Generalsekretärs, "Afrikas Bedürfnisse bei der Entwicklung" finden Sie unter www.un.org/AR. Dann klicken Sie bitte "NEPAD/UN Reports" an.