UNIS/SGSM/084
21. November 2008
UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon:
"Wir müssen mehr tun, um das Recht durchzusetzen und der Straflosigkeit entgegenzuwirken"
Erklärung zum Internationalen Tag für die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, 25. November 2008
WIEN, 21. November (UNO-Informationsdienst) Überall auf der Welt, in armen wie in reichen Ländern, werden Frauen geschlagen, verschleppt, vergewaltigt und umgebracht. Diese Verletzungen der Menschenrechte schaden nicht nur den Betroffenen selbst; sie untergraben die Entwicklung, den Frieden und die Sicherheit der ganzen Gesellschaft.
Frauen sind überall gefährdet. Diejenigen aber, die in einer Gemeinschaft leben, die sich in einem bewaffneten Konflikt befindet, sind einer noch größeren Gefahr ausgesetzt. Mit der zunehmenden Komplexität der Konflikte hat sich ein Muster sexueller Gewalt entwickelt. Frauen sind nicht mehr nur noch während der eigentlichen Kämpfe gefährdet, sondern müssen sich auch vor Truppen, Milizen, Rebellen, kriminellen Banden und sogar Polizisten fürchten, wenn Ruhe eingekehrt ist.
Wir kennen die tatsächlichen Opferzahlen nicht. Wir wissen nur, dass viel mehr Verbrechen begangen als gemeldet werden. Noch weniger führen zu Festnahmen. Da an zu vielen Orten Vergewaltigungsopfer immer noch stigmatisiert werden, zögern viele Frauen davor, vor Gericht zu klagen, obwohl es eigentlich für ihren Schutz sorgen soll. In manchen Ländern erleiden Opfer zweimal rohe Gewalt: Einmal während des Verbrechens selbst und dann durch das Rechtssystem, durch das sie für Ehebruch angezeigt und entsprechend bestraft werden können.
Selbst wenn die Täter überführt werden, bleiben sie oft straffrei. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sie für die Polizei oder das Militär arbeiten. Manchmal sind diese Verbrechen besonders schockierend. In der Unruhe-Provinz Nord-Kivu in der Demokratischen Republik Kongo wo monatlich ungefähr 350 Vergewaltigungen gemeldet werden, werden die Opfer manchmal sogar noch beschnitten.
Noch erschreckender ist das Alter vieler Opfer. In manchen gefährlichen Gegenden Haitis wurden fünfzig Prozent der jungen Frauen vergewaltigt oder sexuell genötigt. Von den wenigen mutigen Opfern, die vor Gericht gehen, ist ein Drittel jünger als dreizehn. Während eines besonders schlimmen Monats Anfang dieses Jahres war die Mehrzahl der Mädchen, die in Liberia vergewaltigt wurden, jünger als zwölf. Manche von ihnen waren noch nicht mal fünf Jahre alt.
Diese Beispiele stammen aus Ländern, in denen es eine Friedensmission der Vereinten Nationen gibt. Dank der wegweisenden Resolution 1820 des Sicherheitsrats, die im Juni verabschiedet wurde, gilt sexuelle Gewalt als taktische Kriegsführung jetzt als eine Angelegenheit des internationalen Friedens und der Sicherheit. Laut dieser Resolution müssen Friedensmissionen - insbesondere solche, die nach ihrem Mandat auch Zivilisten schützen sollen - den Schutz von Frauen und Kindern vor allen Gewaltformen in ihren Lageberichten über den Konflikt aufführen. In der Resolution 1820 wird außerdem gefordert, dass die Bemühungen verstärkt werden, bei sexueller Ausbeutung durch UNO-Personal keine Toleranz zu zeigen. In der Resolution werden die Länder, die Polizisten und Truppen stellen, aufgerufen, im Fall eines Fehlverhaltens strafrechtlich vorzugehen.
Die Annahme der Resolution 1820 ist Teil eines weltweit wachsenden Trends, dieses schlimme Übel zu bekämpfen. Es gibt zusätzliche Zeichen dafür, dass die Aufmerksamkeit weltweit wächst. Im letzten Februar hat das Wiener Forum zur Bekämpfung des Menschenhandels getagt und die Generalversammlung hat eine dauerhafte Führungsrolle übernommen.
Auf nationaler Ebene erfüllen immer mehr Länder durch umfassende Gesetzgebung, bessere Angebote für Opfer, stärkere Partnerschaften und stärkere Bemühungen, Männer und Jungen bei der Problemlösung mit einzubeziehen, ihre Verpflichtung, Frauen zu schützen.
Dieser Fortschritt ist begrüßenswert. Es gibt aber noch immer Lücken. Wir müssen mehr tun, um das Recht durchzusetzen und der Straflosigkeit entgegenzuwirken. Wir müssen Einstellungen und Verhalten bekämpfen, durch die Gewalt gegen Frauen geduldet, toleriert, entschuldigt oder ignoriert wird. Und wir müssen mehr Gelder für Hilfsangebote für Opfer und Überlebende zur Verfügung stellen.
Ich bin fest entschlossen, diese Bemühungen zu verstärken. Dazu gehört meine weltweite Kampagne "UNiTE to end violence against women", die die öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema Gewalt gegen Frauen fördern, den politischen Willen und Ressourcen verstärken und eine unterstützende Umwelt schaffen soll, um bestehende politische Verpflichtungen auszubessern.
Jeder einzelne von uns - ob Männer und Frauen, Soldaten und Blauhelme, Bürger und Regierende - ist dafür verantwortlich, die Gewalt gegen Frauen zu beenden. Staaten müssen ihren Verpflichtungen nachkommen, Gewalt zu verhindern, Täter vor Gericht zu bringen und Opfern eine Wiedergutmachung zur Verfügung zu stellen. Jeder von uns muss in seiner Familie, an seinem Arbeitsplatz und in seiner Gemeinschaft seine Meinung sagen, damit die Gewalt gegen Frauen aufhört.
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