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UNIS/NAR/1146
26. Juni 2012

UNODC-Chef fordert gesundheits-, entwicklungs- und rechtsspezifischen Zugang zu Drogenproblem

UNODC World Drug Report 2012: Rund 230 Millionen Menschen - einer in 20 - konsumierten 2010 mindestens einmal illegale Drogen

WIEN/NEW YORK, 26. Juni (Informationsdienst der Vereinten Nationen) - Die Bekämpfung von grenzüberschreitendem organisierten Verbrechen und illegalen Suchtstoffen muss ein wesentlicher Teil auf der Entwicklungsagenda werden, sagte Yury Fedotov, Exekutivdirektor des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), heute vor der Generalversammlung. Während der Sonderdebatte zum Thema Drogen und Kriminalität als Entwicklungsbedrohung sagte Fedotov, die Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele (2015) werde durch organisierte Kriminalität und illegale Drogen behindert.

Illegale Drogen verstärken die Kriminalität, untergraben die Menschenrechte und sind ein erhebliches Gesundheitsrisiko: "Heroin, Kokain und andere Suchtstoffe töten jedes Jahr 200.000 Menschen, zerstören Familien und verursachen Leid, Unsicherheit und die Ausbreitung von HIV", sagte Fedotov, der bei der Generalversammlung den UNODC Weltdrogenbericht 2012 präsentierte.

"Vorbeugung, Behandlung, Rehabilitation und Wiedereingliederung müssen als zentraler Bestandteil bei der globalen Strategie zur Reduzierung der Drogennachfrage erkannt werden", sagte der Exekutivdirektor vor der Generalversammlung, die heute den Internationalen Tag gegen Drogenmissbrauch und unerlaubten Suchtstoffverkehr begeht.

Das globale Bild

Obwohl die globalen Muster von illegalem Drogenkonsum, Produktion und gesundheitlichen Konsequenzen 2012 weitgehend stabil blieben, warnte der Exekutivdirektor, dass die Opiumproduktion in Afghanistan, dem weltgrößten Opiumproduzenten, wieder auf das ursprünglich hohe Niveau gestiegen ist. Global betrachtet haben die steigenden Zahlen bei der synthetischen Drogenproduktion die niedrigeren Zahlen bei Anbau und Produktion von Opium- und Koka ausgeglichen.

Rund 230 Millionen Menschen, oder fünf Prozent der Erwachsenen weltweit im Alter von 15 - 64 Jahren, haben 2010 laut Bericht mindestens einmal einen unerlaubten Suchtstoff konsumiert. Dem Bericht zufolge beträgt die Zahl der Drogenabhängigen 27 Millionen, ungefähr 0,6 Prozent der Erwachsenenbevölkerung weltweit, oder einer in 200 Personen.

Opium - Preise und Produktion steigen

Afghanistan ist auf dem hohen Niveau der Opiumproduktion zurück. Die weltweite Opiumproduktion stieg 2011 auf 7.000 Tonnen, verglichen mit dem niedrigen Niveau von 2010, als eine Pflanzenkrankheit fast die Hälfte des Ernteertrages vernichtete und dadurch die Preise in Afghanistan beträchtlich anstiegen. Das in Afghanistan produzierte Opium stieg um 61 Prozent, von 3.600 Tonnen 2010 auf 5.800 Tonnen im Jahr 2011. Während die weltweite Produktion von Opiaten hoch bleibt, scheint der Opiatkonsum in Nordamerika und Europa stabil zu sein, bzw. zu sinken. Dagegen gibt es aus Afrika und Asien, die zusammen über 70 Prozent der weltweiten Opiatkonsumenten verzeichnen, keine genauen Zahlen. Möglicherweise gibt es hier einen, allerdings unentdeckten, Anstieg.

Hohe Preise machen die Opiumproduktion für Bauern in Südostasien attraktiv. Von 2010 bis 2011 stieg der Schlafmohnanbau dort um 16 Prozent, von 41.000 ha auf fast 48.000 ha. Insgesamt hat sich der Anbau in Südostasien seit 2006 verdoppelt.

Myanmar blieb weltweit der zweitgrößte Schlafmohnanbauer und Opiumproduzent nach Afghanistan, mit einer Anbaurate von 14 Prozent im Jahr 2011 und einem 9-Prozent-Anteil der weltweiten Opiumproduktion. Die Laotische Volksrepublik sah sich einem Anstieg von 38 Prozent beim Anbau gegenüber, obwohl der Gesamtanbau verglichen mit weltweiten Schätzungen niedrig blieb. Myanmars potentielle Schlafmohnproduktion wird auf etwa 610 Tonnen und jene von Laos auf rund 25 Tonnen geschätzt.

Kokain - ein Produktionsrückgang

Die Zahl der jährlichen Kokainkonsumenten wird für 2010 auf 13,3 Millionen bis 19,7 Millionen, oder rund 0,3 bis 0,4 Prozent der weltweiten Bevölkerung im Alter von 15 bis 64 Jahren geschätzt. Die Hauptmärkte für Kokain bleiben weiterhin Nordamerika, Europa und Australien. Die Vereinigten Staaten verzeichneten unter den 15- bis 64-Jährigen eine Abnahme des Kokainkonsums von 3 Prozent im Jahr 2006 auf 2,2 Prozent im Jahr 2010. In Europa blieb der Konsum stabil. In Australien und Südamerika allerdings stieg der Konsum an und breitet sich auch auf Teile von Afrika und Asien aus, obwohl die Zahl der asiatischen Konsumenten als niedrig angenommen wird.

Das Gesamtanbaugebiet von Kokapflanzen fiel zwischen 2007 und 2010 um 18 Prozent, größtenteils aufgrund des sinkenden Kokaanbaus in Kolumbien in den Jahren von 2007 bis 2010. Während der selben Zeit verschob sich der Anbau von Kokapflanzen merklich nach Bolivien und Peru. Diese Umverteilung hat die Kokainversorgung in Nordamerika, das fast ausschließlich von Kolumbien beliefert wird, beträchtlich reduziert. In Europa hat mehr Kokain aus Peru und Bolivien zumindest teilweise die rückläufige Versorgung aus Kolumbien ausgeglichen.

ATS-Märkte stabil, aber Methamphetamine und "Ecstasy" im Steigen

Der Konsum und die weltweiten Beschlagnahmungen von amphetaminähnlichen Stimulanzien, die am zweithäufigsten konsumierten Drogen weltweit, blieben weitgehend stabil. Dennoch haben sich 2010 die Sicherstellungen von Methamphetaminen (45 Tonnen) im Vergleich zu 2008 (21,5 Tonnen) aufgrund von erheblichen Beschlagnahmungen in Mittelamerika und Ost- und Südostasien mehr als verdoppelt.

In Europa haben sich die beschlagnahmten "Ecstasy"-Pillen mehr als verdoppelt (von 595 kg 2009 auf 1,3 Tonnen im Jahr 2010), was auf einen stärkeren Markt auf dem Kontinent hinweist. Die Verfügbarkeit und der Konsum von Drogen scheinen in den Vereinigten Staaten und Ozeanien im Steigen begriffen zu sein, während man in Ostasien ein Ansteigen der Beschlagnahmungen beobachtet.

Cannabis - die weltweit am häufigsten konsumierte illegale Substanz

Weltweit gibt es geschätzte 119 bis 224 Millionen Cannabis-Konsumenten. Europa ist der weltgrößte Markt für Cannabisharz (Haschisch), hauptsächlich aus Marokko, obgleich seine relative Bedeutung abnimmt. Die meisten Länder der Europäischen Union berichten einen steigenden Indoor-Anbau von Cannabis-Pflanzen (Marihuana), was wahrscheinlich auf einen Vorzug von Marihuana gegenüber Haschisch zurückzuführen ist.

Die Cannabis-Pflanze ist derzeit Afghanistans lukrativste Einnahmequelle. Ein Haushalt, der Cannabis anbaut, erzielt 9.000 US-Dollar, verglichen mit 4.000 US-Dollar, die ein Haushalt beim Anbau von Schlafmohn im Jahr 2010 einnahm.

"Legal Highs" und der Missbrauch von verschriebenen Arzneimitteln

In vielen Ländern mehr verschreibungspflichtige Medikamente denn andere kontrollierte Substanzen (außer Cannabis) als Drogen missbraucht. Während der illegale Drogenkonsum im allgemeinen bei Männern höher ist als bei Frauen, zeigen verfügbare Daten (Südamerika, Mittelamerika und Europa), dass der Konsum von Beruhigungsmitteln bei Frauen höher liegt. Beunruhigend ist, dass der Missbrauch von Beruhigungsmitteln zu einer lebenslangen Abhängigkeit führen kann, speziell bei Frauen.

Neue psychoaktive Substanzen, die chemisch hergestellt werden, um der internationalen Kontrolle zu entgehen, werden als "legal highs" und Ersatzstoffe für illegale Stimulanzien wie etwa Kokain und Ecstasy verkauft. Zu diesen Substanzen, die zum Zweck veränderter Wirkungen vermischt werden können, gehören Mephedrone und MDPV, die oft als "Badesalz" oder "pflanzliche Nahrung" verkauft werden, sowie Piperazine. Andere Rezepturen sind "Spice", das die Wirkung von Cannabis imitiert, und Salvia Divinorum, eine halluzinogene Pflanze.

Die Heroin-Knappheit in manchen Ländern lässt scheinbar unverarbeitete und hoch gefährliche Ersatzstoffe auf Codein-Basis wie etwa Desormorphine - auch als "Krokodil" bekannt - populärer werden. Die injizierte Substanz führt auch bei eingeschränktem Gebrauch zu ernsten Gesundheitsproblemen.

Geteilte Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung

Drogenproduzierende ebenso wie drogenkonsumierende Länder haben im Kampf gegen diese Geißel ihren Anteil beizutragen, sagte Fedotov, und fügte hinzu, dass Regierungen nicht vergessen sollten, dass illegale Substanzen die Gesundheit und Sicherheit weltweit beeinträchtigen. Es scheint, dass der Drogenkonsum auf Länder, die an Handelsrouten liegen, überschwappt, wie etwa in West- und Zentralafrika. Diese Länder verzeichnen eine steigende Zahl an Kokain-Konsumenten. Afghanistan und Iran kämpfen mit den höchsten Raten an Opium- und Heroinkonsum.

Da Entwicklungsländer den Lebensstil der Industrienationen nachahmen, wird wahrscheinlich auch der Drogenkonsum steigen und Länder, die für die Bewältigung der aufkeimenden Drogennachfrage schlecht gerüstet sind, schwer belasten. Die internationale Unterstützung sollte deshalb darauf abzielen, die Kapazitäten der gefährdeten Länder zu stärken, dieser Herausforderung zu begegnen, sagte Fedotov.

Eine alternative Entwicklung ist der Schlüssel zur Reduzierung von illegalem Drogenanbau und Produktion, sagte er den Mitgliedstaaten. "Zur Zeit haben nur rund ein Viertel der Bauern, die am illegalen Drogenanbau weltweit beteiligt sind, Zugang zu Entwicklungshilfe. Wenn wir neue Möglichkeiten und echte Alternativen bieten wollen, muss sich das ändern."

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