UNIC/327
7. März 2001

Mary Robinson, UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte: den Teufelskreis von Leid und Stille durchbrechen!

Erklärung zum Internationalen Tag der Frau, 8. März 2001

GENF, 8. März - Im Internationalen Jahr der Frau 1975 haben die Vereinten Nationen beschlossen, jedes Jahr am 8. März den Internationalen Tag der Frau zu begehen. Aus diesem Anlaß hat die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, folgende Erklärung veröffentlicht:

In diesem Jahr steht der Internationale Tag der Frau unter dem Thema "Frauen und Frieden". Dies ist ein überaus angemessener Schwerpunkt, denn Mädchen und Frauen sind nicht nur häufig tragische Opfer von Konflikten - ihre Rolle bei der Friedensschaffung und Konfliktvorbeugung wird auch oft unterschätzt oder verworfen. Die internationale Gemeinschaft sollte sich endlich bewußt werden, welch reichen Betrag Frauen zur Friedensarbeit leisten können.

Wie wohl alle Frauen habe auch ich begrüßt, dass das Internationale Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien zum ersten Mal in der Geschichte Vergewaltigung und sexuelle Sklaverei als Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt hat. Von diesen Urteilen geht die Botschaft aus, dass systematische sexuelle Gewalt, Erniedrigung und Versklavung von Mädchen und Frauen in Konflikten nicht länger ungesühnt bleiben werden. Die Urteile sollen allen eine Mahnung sein, dass die internationale Gemeinschaft in derartigen Fällen, wenn Menschen bei der unmenschlichen Behandlung ihrer Opfer so tief sinken, standhaft die Werte der Menschlichkeit behaupten wird.

Die Opfer in Jugoslawien wurden angegriffen, weil sie Frauen und weil sie Musliminnen sind. Viele Frauen sind mehrfachen Formen von Diskriminierung ausgesetzt: einerseits aufgrund ihres Geschlechts und andererseits aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse oder Volksgruppe, oder wegen ihrer Herkunft, Hautfarbe und Religion. In diesem Jahr hat die Welt die einmalige Gelegenheit, konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Diskriminierungen zu ergreifen. Vom 31. August bis zum 7. September wird die Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz in Durban, Südafrika, stattfinden. Eines der Hauptthemen der Konferenz werden die geschlechtsspezifischen Aspekte des Rassismus sein.

An diesem Internationalen Tag der Frau rufe ich alle Staaten dazu auf, den internationalen Rahmen für den Kampf gegen Diskriminierung zu akzeptieren. Ich rufe sie auf, die Internationale Konvention zur Beseitigung jeglicher Form von Diskriminierung der Frauen und ihres Fakultativprotokolls sowie die Internationale Konvention zur Beseitigung jeglicher Form von Rassendiskriminierung zu ratifizieren. Ich rufe die Staaten dazu auf, ihre Politik und Gesetze zu überprüfen und diejenigen Bestimmungen aufheben, welche den Frauen unverhältnismäßige Nachteile bringen, insbesondere den Frauen aus benachteiligten Rassengruppen. Ich rufe die Staaten dazu auf, den besonderen Bedürfnissen bestimmter Gruppen Rechnung zu tragen wie den indigenen Frauen, den Flüchtlingsfrauen, den Einwanderinnen und den Frauen, die in ein fremdes Land verschleppt wurden. Ich fordere die Staaten dazu auf, Aus- und Fortbildungsprogramme zu schaffen, um diskriminierende Einstellungen zu beseitigen. Und ich ersuche sie, dafür zu sorgen, dass den Frauen aus rassisch benachteiligten Gemeinschaften Rechtsmittel und Beschwerdeverfahren zugänglich gemacht werden.

Viele Frauen leiden in aller Stille. Wir sollten den Teufelskreis von Leid und Stille durchbrechen. Wir sollten voranschreiten und uns für den Wert der menschlichen Vielfalt einsetzen. Und wir sollten darauf vorbereitet sein, uns ernsthaft mit der Forderung der Frauen nach Gerechtigkeit auseinanderzusetzen.

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