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"No Burqas behind bars"

"Innerhalb des Gefängnisses fühle ich mich freier als außerhalb". Die meisten Menschen hätten Schwierigkeiten, sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass man das Gefängnis einem Leben in Freiheit vorzieht. Hört man dies von einer afghanischen Frau, die zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt wurde, weil sie ihren gewalttätigen Ehemann verließ, scheint diese Aussage bei Weitem nicht mehr so wahnwitzig.

Nima Sarvestanis Dokumentarfilm "No Burqas Behind Bars" zeigt das Leben afghanischer Frauen im Gefängnis von Takhar, wo sie Haftstrafen bis zu 20 Jahren für "moralische Verbrechen" wie Flucht vor Zwangsverheiratung oder vor gewalttätigen Ehemännern und Verwandten verbüßen. Viele von ihnen wurden eingesperrt, weil sie davongelaufen waren, was nicht einmal nach afghanischem Recht strafbar ist.

Trotz unzumutbarer Verhältnisse in den Gefängnissen fühlen sich die Frauen dort sicherer und frei. Sie können sich frei bewegen, sich anderen Insassinnen anvertrauen, denen  ähnlich Schlimmes widerfahren ist, und sich gegenseitig Kraft geben. Obwohl sie ihre Entscheidung, den ständigen physischen und verbalen Missbrauch nicht länger hinzunehmen, ins Gefängnis brachte, sind sie stolz, dem Teufelskreis des Opferdaseins, in dem viele Frauen gefangen sind, entflohen zu sein. Die Geschichten der Frauen sind fesselnd und legen Zeugnis ab von der Stärke und Würde des menschlichen  Geistes angesichts widrigster Verhältnisse.

"No Burqas Behind Bars" wurde am 10. März 2014 als Teil der monatlichen Ciné-UNO Vienna-Filmvorführungen gezeigt, die vom Informationsdienst der Vereinten Nationen (UNIS) Wien in Zusammenarbeit mit this human world (THW) Film Festival und Topkino organisiert werden. Die Vorführung fand anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März statt.

An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen Barbara Stelmaszek, Projekt- und Netzwerk-Koordinatorin bei Women Against Violence Europe (WAVE), und Elizabeth Mattfeld, Projektkoordinatorin beim Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) teil. Anne Thomas, Stellvertreterin des UNIS-Direktors, moderierte.

Elizabeth Mattfeld, verantwortlich für ein UNODC-Projekt,  dass Drogenabhängigen in Afghanistan therapeutische Hilfe anbietet, weiß, dass Frauen in patriachalen Gesellschaften wie Afghanistan größeren Schwierigkeiten bei der Bewältigung ihrer Sucht ausgesetzt sind. Drogenmissbrauch ist stark stigmatisiert, deshalb suchen Frauen oftmals auch nicht freiwillig Hilfe oder männliche Familienmitglieder holen die Frauen viel zu früh aus den Rehabilitationszentren bzw. sobald sie einen Mann gefunden haben, der einwilligt, sie zu heiraten.

Barbara Stelmaszek betonte, dass afghanische Frauen, die aufgrund moralischer Vergehen inhaftiert wurden, Überlebende von Gewalt sind und bestraft wurden, weil sie sich zur Wehr setzten. Als "Beschmutzerinnen" der Familienehre, haben sie keinerlei Möglichkeit, in ihre Familien zurückzukehren und können nur darauf hoffen, in einem Frauenhaus Unterschlupf zu finden. Aber diese sind auf der ganzen Welt knapp, besonders in Afghanistan.

Wenn sich die ausländischen Truppen aus dem Land zurückziehen, fürchten viele negative Auswirkungen auf die fragilen Errungenschaften auf dem Gebiet der Frauenrechte. Zwar existieren Gesetze, die Frauen vor häuslicher Gewalt schützen, aber aufgrund der tief verwurzelten kulturellen Werte und Traditionen erfreuen sich die meisten Täter der Straffreiheit.

Trotz der jüngsten Bemerkungen des neuen EU-Botschafters für Afghanistan, dass Afghanistan für Frauen noch immer einer der schlimmsten Plätze auf der Welt sei, schlossen die Diskussionsteilnehmerinnen, dass bereits Fortschritte erzielt wurden. Sie bleiben optimistisch, dass die Frauen im Kampf für eine bessere Zukunft für sich und die kommenden Generationen standhaft bleiben werden.