"Geschichte wird immer mitten in der Nacht geschrieben. Und wenn das passiert, bist du schon so verdammt müde, dass es dir völlig egal ist", sagte Robert Cooper, EU-Chefverhandler für Frieden nach Abschluss der Verhandlungen über eine Vereinbarung zur friedlichen Koexistenz zwischen dem Kosovo und Serbien im März 2011.
Der Dokumentarfilm "The Agreement" von Karen Stokkendal Poulsen zeigt dem Publikum das Herzstück des EU-Verhandlungsprozesses in Brüssel und damit alle Missverständnisse, Fehlinterpretationen, unterschiedlichen Meinungen, aber auch die gemeinsamen Bemühungen der serbischen Seite (vertreten durch Borko Stefanovic) und des Kosovo (vertreten durch Edita Tahiri). Der Erfolg dieser Verhandlungen ist auch für die Europäische Union bezüglich ihres Einflusses sehr wichtig. Serbien wurde der Beginn zukünftiger EU-Beitrittsverhandlungen versprochen und dem Kosovo die Chance, näher an die EU heranzurücken, falls das Abkommen zu Stande kommt.
"The Agreement" gibt einen faszinierenden Einblick in die Arbeit der Diplomatie", sagte Martin Nesirky, der Amtierende Leiter des Informationsdienstes der Vereinten Nationen (UNIS) in Wien. Die Dokumentation zeigt nicht nur einen langen, erschöpfenden und 'trockenen' Verhandlungsprozess, sondern auch die menschliche Seite der Top-Diplomaten während ihrer täglichen Arbeit. Sei es die riesige Krawattensammlung von Robert Cooper und seine Überzeugung, dass die Wahl der Krawatte den Tag beeinflusse, das frühere Leben des serbischen Verhandlers Borko Stefanovic als Rockstar, oder die große Bedeutung des täglichen Friseurbesuchs von Edita Tahiri.
"The Agreement" zeigt dem Publikum was nötig ist, um ein internationales Abkommen zu verabschieden: die Bereitschaft, Kompromisse zu finden, langfristige Ziele zu haben und an das Wohlergehen der eigenen Bevölkerung zu denken, anstatt kurzfristige politische Ziele zu erreichen.
In der anschließenden Podiumsdiskussion, die von Martin Nesirky moderiert wurde, hatte das Publikum die einmalige Chance, wertvolle Einblicke in die Verhandlungserfahrungen der eingeladenen prominenten Gäste zu bekommen - Wolfgang Petritsch, ehemaliger EU-Sonderbeauftragter für den Kosovo (1998-1999), und Annika Weidemann, Beraterin bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und bei der EU-Delegation bei den Internationalen Organisationen in Wien.
"Die Diplomatie ist eine sehr schmutzige Angelegenheit", entgegnete Wolfgang Petritsch auf die Publikumsfrage, ob es Grenzen bei der Auswahl von Verhandlungspartnern gäbe, und fügte hinzu, dass die internationale Gemeinschaft immer ihr Bestes tun müsse, um eine Eskalation des Konflikts zu verhindern: "Es geht um Werte, Rechtsstaatlichkeit und eine demokratische Veränderung, die umgesetzt werden muss. "
Annika Weidemann teilte ihre persönliche berufliche Erfahrung während der Mitarbeit innerhalb der OSZE-Mission im Kosovo und erinnerte daran, dass der Verhandlungsprozess noch nicht ganz vorbei sei, sondern vielmehr auf einer technischen Ebene fortgesetzt wird. Weidemann gab dem Publikum auch Einblicke, wie man Verhandler für sehr wichtige Vereinbarungen aussucht und sagte, "dass man niemals mit seinen Freunden verhandeln würde", und dass es immer Streitigkeiten oder Differenzen geben würde, die Menschen an den Verhandlungstisch brächten.
"Verhandlungen funktionieren dann, wenn es einen politischen Willen gibt und sich die Politiker entscheiden, die richtige Dingen zu tun. Die ersten Schritte seien es, die den Konflikt auf den richtigen Weg bringen", endete Petritsch.
Mit der Filmvorführug von "The Agreement" als Teil der Ciné-ONU-Initiative erinnerten UNIS Wien, this human world (THW) Film Festival und Topkino am Internationalen Tag des Friedens an die Bedeutung von Friedensverhandlungen.