Der Kampf um Gerechtigkeit für Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter im Gerichtswesen standen im Mittelpunkt der Oktober-Vorführung der Ciné-ONU-Reihe im Wiener Top Kino.
Im Rahmen des Filmabends führte der Informationsdienst der Vereinten Nationen (UNIS), in Kooperation mit dem Doha Declaration Global Programme des Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), der Internationalen Vereinigung für Richterinnen (IAWJ) und This Human World Film Festival, das Publikum in die Welt von Kholoud Al-Faqih, die als erste weibliche Shari'a Richterin im Nahen Osten einen seltenen Einblick in die Shari'a Gerichte bot.
Shari'a Gerichte im Nahen Osten sind für Familien- und besonders Heiratsangelegenheiten zuständig und werden traditionsgemäß von männlichen Richtern betreut, da Frauen der Zugang zu diesen Posten verwehrt wurde. 2009 änderte sich dies, als Kholoud Al-Faqih diese Tradition brach und als erste Frau zur Richterin eines Shari'a Gerichts in Ramallah, Palästina, ernannt wurde - trotz des zähen Widerstands, den sie nicht nur von ihren männlichen Kollegen, sondern auch von Teilen der Bevölkerung zu spüren bekam. Durch ihren mutigen Kampf für Geschlechtergleichstellung in der Justiz ebnete Kholoud Al-Faqih nicht nur den Weg für weitere Frauen, die eine Richterposition in Shari'a Gerichten anstreben, sondern setzt sich auch aktiv für Gerechtigkeit für vom Recht benachteiligte Frauen ein.
Anschließend gab es eine Podiumsdiskussion, moderiert von Sonja Wintersberger, der Stellvertreterin des UNIS-Direktors, bei der die Produzentin und Regisseurin des Films, Erika Cohn; die Richterin Adisa Zahiragic vom Kantonalgericht Sarajevo; und Tatiana Balisova, Crime Prevention und Criminal Justice Officer vom Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), Fragen zur Dokumentation, zu richterlicher Integrität und zu geschlechter-bezogenen Fragen in der Justiz diskutierten. Wie Richterin Zahiragic erörterte, sind Geschlechterstereotypen, Diskriminierung und Voreingenommenheit auf Grund des Geschlechts immer noch omnipräsent und existieren überall, während die Sensibilisierung für Genderangelegenheiten oder Geschlechtergerechtigkeit nur mäßig vorangetrieben wird. Regisseurin Erika Cohn bemerkte diesbezüglich, dass Richterin Al-Faqihs Geschichte nicht nur eine Botschaft für Palästina verbreitet, sondern auch für den Rest der Welt. Tatiana Balisova stimmte zu, dass in der Justiz das Geschlecht nicht ausschlaggebend für die jeweilige Behandlung sein darf und dass alle vor dem Gesetz, unabhängig vom Geschlecht, die gleichen Rechte haben müssen.
Aus diesem Grund ist es zur Abwechslung inspirierend zu sehen, wie Kholoud Al-Faqih sich für ihre Rechte und jene von anderen Frauen eingesetzt hat. Ein Publikumsgast hat dies wie folgt kommentiert: "Ich bin über den Fortschritt, der schon erreicht wurde, sehr erfreut." Dennoch ist es wichtig, dass Fragen zur Geschlechtergerechtigkeit weiterhin hervorgehoben und diskutiert werden, um traditionelle Geschlechterrollen, Stereotype und Diskriminierung zu überwinden.