SG/SM/8098
DEV/2360
16. Januar 2002

Generalsekretär Kofi Annan:

Die Monterrey Konferenz ist die beste Gelegenheit, dringend benötigte Resourcen zu erschliessen

NEW YORK, 14 Januar (UNO-Hauptquartier) - UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat zu Beginn der vierten Sitzung des Vorbereitungskommitees der Internationalen Konferenz zur Entwicklungs- finanzierung in New York folgende Erklärung abgegeben:

Die Konferenz in Monterrey eröffnet uns die beste Chance seit Jahren, um an die finanziellen Resourcen zu gelangen, die so dringend für die Entwicklung benötigt werden. Wenn wir diese Chance wahrnehmen wollen, müssen wir uns - in den wenigen Wochen, die uns verbleiben - sehr genau darauf konzentrieren, wie wir am besten greifbare Ergebnisse erreichen.

Die Agenda der Konferenz ist fundiert und ausgeglichen - ein Resultat sehr sorgfältiger Verhandlungen. Die Konferenz selbst muss aber zu allen Hauptpunkten der Tagesordnung greifbare Ergebnisse produzieren, seien sie "nationaler", "internationaler" oder "systemischer" Natur.

Welche Ergebnisse würden die Konferenz zu einem Erfolg machen?

Zuerst muss sie die jetzt vorhandene Einigkeit über die Politik, die Mechanismen und die notwendigen institutionellen Rahmenbedingungen stärken und vertiefen, um sowohl innerhalb der Entwicklungsländer Ressourcen zu mobilisieren als auch privates internationales Kapital anzuziehen und davon zu profitieren - insbesondere von ausländischen Direktinvestitionen. Eine Einigung auf eine international umfassende Konvention gegen Korruption, die beispielsweise die Rückführung illegal ausgeführter Fonds vorsieht, wäre ebenfalls ein grosser Schritt vorwärts.

Zum Zweiten muss Monterrey auf dem Impuls aus Doha - dem Versprechen, dass die Handelsrunde eine "Entwicklungsrunde" wird - aufbauen. Im einzelnen sollte die Konferenz auf Bereiche achten, die nicht von diesen Verhandlungen betroffen, aber lebenswichtig für die Entwicklungsländer sind - wie etwa die Rohstoffpreise.

Drittens muss Monterrey einen Wendepunkt in der Geschichte der offiziellen Entwicklungshilfe (ODA) markieren. Wir können nicht einfach erlauben, dass sich die ODA immer weiter verringert, wenn unsere Verpflichtungen gegenüber den Millennium-Entwicklungszielen überhaupt ernst genommen werden sollen. Das Zedillo-Panel hat kalkuliert, dass wir weitere 50 Milliarden US-Dollar offizieller Entwicklungs- hilfe jährlich benötigen, um unsere Ziele bis 2015 zu erreichen. Und die Weltbank kam zu sehr ähnlichen Ergebnissen. Das hiesse, die augenblickliche ODA zu verdoppeln - was sich zunächst ambitioniert anhört, aber immer noch deutlich hinter dem vereinbarten Ziel von 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts der Geberländer zurückbleibt. Warum fassen wir diese zusätzlichen 50 Milliarden US-Dollar nicht als unmittelbares, kurzfristiges Ziel auf, das in Monterrey angekündigt und innerhalb von drei bis vier Jahren erreicht werden soll? Es ist sicherlich real, wenn all jene, die bislang nicht die 0,7 Prozent erreicht haben, einen neuen und ernsthaften Versuch unternehmen.

Viertens benötigen wir eine klares Engagement der Gläubigerländer, die Initiative für die hochverschul- deten armen Länder sofort und vollständig umzusetzen; und über die augenblicklichen Bedingungen dieser Initiative hinauszugehen, wie zum Beispiel zu versichern, dass die Schulden von nun an wirklich nachhaltig sind. Aber wir müssen ebenso neue Wege finden, mit den Schulden von Schwellenländern umzugehen. Wir müssen alles tun, was in unserer Macht steht, damit sich die tragische Erfahrung mit Argentinien nicht woanders wiederholt. Es setzt sich die Erkenntnis durch, dass die existierenden Methoden zur Lösung staatlicher Verschuldungskrisen unzureichend sind, und dass wir sichere Wege für die gerechtere Lastenverteilung zwischen den Schuldner- und Gläubigerländern finden müssen. Ich hoffe, dass die Regierungen in Monterrey den politischen Impuls geben werden, der nötig ist, um die Entwicklung eines solch neuen Ansatzes zu beschleunigen.

Zum Fünften besteht ein wirklicher Bedarf für mehr Mitsprache der Entwicklungsländer, wenn die Organisation der globalen Wirtschaft diskutiert wird. Ich glaube, jeder erkennt dies jetzt. Die Konferenz muss praktische Wege finden, um dies zu erreichen.

Und schliesslich muss sich die Konferenz auf Nachfolge-Mechanismen verständigen, die sicherstellen, dass das, was auch immer entschieden wird, tatsächlich getan wird. Diese Mechanismen sollten auf dem Vorbereitungsprozess aufbauen, in dem die Vereinten Nationen das Zentrum einer starken Koalition gebildet haben, die - wie wir gehört haben - alle zusammen gebracht hat, die eine Rolle spielen - verschiedene Ministerien aus Schuldner- und Geberländern, den privaten Sektor, Organisationen der Zivilgesellschaft, die Bretton-Woods-Organisationen und die Welthandelsor- ganisation. Wir arbeiten mit einem nie dagewesenen Willen zur Kooperation. Dies hat bereits einige sehr vielversprechende Ideen hervorgebracht. Es ist eine Partnerschaft, die wir auch für die Zukunft brauchen.

Ich glaube, dass wir Ergebnisse in allen diesen Fragen erreichen können. Aber nur, wenn wir in den kommenden Wochen erfolgreich die Aufmerksamkeit auf höchster politischer Ebene auf diese Fragen konzentrieren. Das ist der Grund, warum ich zwei Männer mit unvergleichlicher Erfahrung auf diesem Gebiet gebeten habe, als meine Sondergesandten zu fungieren und das Treffen zu unterstützen - den südafrikanischen Finanzminister, Trevor Manuel, und den früheren Direktor des Internationalen Währungsfonds, Michel Camdessus. Ich bin hocherfreut, dass beide eingewilligt haben und heute hier unter uns weilen.

Wenn wir erfolgreich sind, glaube ich, dass diese Konferenz wirklich den Entwicklungsländern helfen kann, einen Vorteil aus dem globalisierten Weltmarkt zu ziehen und dadurch eine wirkliche Veränderung im Leben der Armen auf der ganzen Welt herbeizuführen. Und das muss die Konferenz auch leisten, wenn die Millennium-Entwicklungsziele, auf die sich Regierungs- und Staatsoberhäupter im September 2000 geeinigt hatten, mehr sein sollen als Wunschdenken.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen Erfolg bei Ihren Überlegungen.

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