SG/SM/9746
     OBV/465
     WOM/1492
       3. März 2005

Generalsekretär Kofi A. Annan:

Für eine Änderung der historisch bedingten Benachteiligung der Frau bedarf es gezielter Handlungen

Erklärung zum Internationalen Tag der Frau, 8. März 2005

NEW YORK, 2. März (UNO-Hauptquartier) --  Im Internationalen Jahr der Frau 1975 haben die Vereinten Nationen beschlossen, jedes Jahr am 8. März den Internationalen Tag der Frau zu begehen. Aus diesem Anlass hat Generalsekretär Kofi Annan folgende Erklärung veröffentlicht: 

Dieses Jahr stellt mit dem Rückblick auf die letzten zehn Jahre seit der Konferenz und Aktionsplattform von Beijing einen Meilenstein in den Bemühungen um die Gleichstellung und Förderung der Frau dar. 1995 trafen Frauen in Beijing zusammen und unternahmen im Namen der gesamten Menschheit einen gewaltigen Schritt nach vorn. Dies führte dazu, dass die Welt­gemeinschaft erstmals in der Geschichte ausdrücklich anerkannte, dass die Gleichstellung der Frau für die Entwicklung und den Frieden aller Staaten von entscheidender Bedeutung ist. Zehn Jahre später haben Frauen nicht nur ein stärkeres Bewusstsein ihrer Rechte entwickelt, sie können von diesen auch besser Gebrauch machen.

Im Laufe dieses Jahrzehnts wurden an zahlreichen Fronten deutliche Fortschritte erzielt. Lebenserwartung und Fertilitätsrate sind gestiegen, und mehr Mädchen haben nun Zugang zu Grund­schulbildung. Ebenso verfügen heute mehr Frauen als je zuvor in der Geschichte über ein eigenes Einkommen. Gleichzeitig sind jedoch neue Herausforderungen entstanden, wie zum Beispiel der Frauen- und Kinderhandel – eine abscheuliche, aber leider zunehmend häufige Praxis. Immer öfter werden Frauen zur Zielscheibe in bewaffneten Konflikten, und die Verbreitung von HIV/Aids besonders unter jüngeren Frauen hat dramatisch zugenommen.

Ein Rückblick auf das vergangene Jahrzehnt verdeutlicht jedoch auch vor allem eines: Wir haben gelernt, dass die Herausforderungen, denen Frauen gegenüber stehen, keine Probleme ohne Lösung sind. Wir haben gelernt, was funktioniert und was nicht. Wenn wir die historisch bedingte Benach­teiligung der Frau in den meisten Gesellschaften verändern wollen, gilt es, das, was wir gelernt haben, umfassender umzusetzen. Wir müssen in zahlreichen Bereichen spezifische, gezielte Maßnahmen ergreifen.

Dieses Jahr bietet uns dafür eine wertvolle Gelegenheit: Weltweit bereiten sich die politischen Entscheidungsträger auf den UNO-Gipfel im September vor, bei dem die Fortschritte bei der Umsetzung der Millenniums-Erklärung gemessen werden, die im Jahr 2000 von allen Regierungen der Welt als Entwurf zur Schaffung einer besseren Welt im 21. Jahrhundert vereinbart wurde. Im Rahmen dieses Prozesses ersuche ich die internationale Gemeinschaft nachdrücklich, nicht zu vergessen, dass für die Förderung der Gleichstellung der Frau nicht nur Frauen, sondern wir alle die Verantwortung tragen.

Sechzig Jahre sind vergangen, seit die Gleichberechtigung von Frau und Mann von den Gründern der Vereinten Nationen auf der ersten Seite der UNO-Charta fest verankert wurde. Seither haben zahllose Studien gezeigt, dass es kein wirksameres Mittel zur Förderung der Entwicklung gibt, als die Stellung der Frau zu stärken. Keine andere politische Maßnahme hat ein höheres Potenzial, die wirtschaftliche Produktivität zu steigern oder die Kinder- und Müttersterblichkeit zu senken, oder kann mit so großer Sicherheit Ernährung und Gesundheit fördern, einschließlich der Prävention von HIV/Aids. Keine andere Maßnahme hat sich wirksamer erwiesen, die Chancen der kommenden Generationen auf Bildung zu erhöhen, und ich wage zu behaupten, dass keine politische Maßnahme bei der Verhütung von Konflikten oder der Aussöhnung nach dem Ende eines Konflikts wichtiger ist als diese.

Wie auch immer die sehr realen Vorteile von Investitionen in die Förderung der Frau aussehen, so bleibt doch als wichtigster Fakt unumstritten: Frauen haben das Recht, inWürde und frei von Not und Angst zu leben. Lasst uns an diesem Internationalen Frauentag unser Bekenntnis dazu bekräftigen, dass dieses Recht Wirklichkeit wird.

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