UNIS/SGSM/133
28. August 2009

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon

Bemerkungen zum dreißigjährigen Bestehen des Internationalen Zentrums Wien

Wien, 28. August 2009

Eure Exzellenz, Herr Bundespräsident Fischer,
sehr verehrte Frau Nationalratsräsidentin Prammer,
Eure Exzellenz, Herr Außenminister Spindelegger,
sehr verehrter Herr Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann Häupl,
Exzellenzen,
verehrte Gäste,
liebe Kollegen,
meine Damen und Herren,

ich danke Ihnen für Österreichs wichtigen Beitrag zur Arbeit der Vereinten Nationen und dafür, dass Sie ein so großzügiges Gastland sind!

Ich danke Ihnen allen, dass Sie heute gekommen sind.

Die Veranstalter haben sich selbst übertroffen. Ganz besonders gut gefiel mir das Lied von "My Excellence", mit dem für meine eigene und die UNO-Kampagne "Mach den Deal" [Seal the Deal] zum Klimawandel geworben wird. Ich danke und gratuliere ihnen zu dieser hervorragenden Darbietung und dafür, dass sie die Kampagne "Mach den Deal" verwenden.

Diese Festveranstaltung wäre ohne die großzügige und engagierte Beteiligung der Österreichischen Regierung nicht möglich gewesen. Ich danke Eurer Exzellenz Präsident Fischer, dem Außenminister und den vielen ehrenwerten Mitgliedern der Österreichischen Regierung nochmals für diese großzügige Beteiligung, das Engagement und Führerschaft. Sie haben vortreffliche und beständige Unterstützung für Vereinten Nationen und ihre Arbeit gezeigt.

Vor dreißig Jahren haben die Regierung Österreichs und die Stadt Wien den Vereinten Nationen diesen bedeutenden Gebäudekomplex für den symbolischen Betrag von damals nur einem Schilling pro Jahr überlassen.

Jetzt habe ich erfahren, dass Österreich uns diesen Minimalbetrag nicht einmal in Rechnung stellt, da, wie ich glaube, das Porto teurer wäre. Nochmals vielen Dank!

Die Errichtung dieses Gebäudekomplexes war eine enorme Investition in die Vereinten Nationen - eine Investition in den Multilateralismus - und eine Investition in eine gemeinsame Zukunft für unsere Menschheit.

Österreich und Wien gehen sogar noch weiter und sorgen in regelmäßigen Abständen für Verbesserungen an diesen Räumlichkeiten.

Erst letztes Jahr durfte ich das hochmoderne M-Gebäude einweihen, in dem wir uns an diesem Vormittag befinden. Mit seiner beispielhaften Umweltverträglichkeit hilft uns dieses Gebäude, die Vereinten Nationen grüner und sauberer zu machen und so eine Vorbildfunktion zu übernehmen.

Das M-Gebäude zeigt auch, wie sehr das Internationale Zentrum Wien mit der Zeit geht.

Allerdings war dieses Gebäude schon von Anfang an seiner Zeit voraus.

Es ist so konzipiert, dass fast alle Büros ein gleiches Maß an Privatsphäre bieten.

Es wird von Tageslicht durchflutet.

Und mit seiner elliptischen Form wurden neue Wege der Architektur beschritten.

Über die Jahre hinweg wurden die Mauern des Zentrums Zeugen historischer Ereignisse:

Grundlegender Veränderungen der geopolitischen Landkarte.

Großer Fortschritte in der Tätigkeit der Vereinten Nationen.

Und der ständigen Weiterentwicklung der Aktivitäten der Vereinten Nationen in Wien, um neuen Herausforderungen zu begegnen, sobald sie entstehen.

Als das Zentrum im Jahr 1979 seine Türen öffnete, war es eine Brücke zwischen Ost und West im Kalten Krieg.

Heute ist es eines der Zentren des 21. Jahrhunderts für die Auseinandersetzung mit Fragen der menschlichen Sicherheit im Herzen eines geeinten Europa.

Hier wurden einige der wichtigsten Übereinkünfte der Welt ausgehandelt.

So ebnete beispielsweise die Wiener Erklärung der Menschenrechte den Weg für die Schaffung des Amtes des Hohen Kommissars für Menschenrechte.

Das Wiener Übereinkommen zum Schutz der Ozonschicht dient der Sicherung der menschlichen Gesundheit und der Umwelt.

Die Wiener Erklärung über den Weltraum und die menschliche Entwicklung stellt Raumfahrtanwendungen in den Dienst des Wohles der Menschheit.

Delegierte aus der ganzen Welt versammeln sich hier nach wie vor zu wichtigen Tagungen über Drogen, Menschenhandel und die Bildung von Vertrauen in den Staat.

Die Internationale Atomenergie-Organisation, IAEO, nimmt im Bereich der Energiesicherheit und bei den Maßnahmen zur Verhütung der Verbreitung von Kernwaffen weltweit eine Führungsposition ein.

Die Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen, CTBTO, steht an der Spitze der Anstrengungen, der Erprobung von Kernwaffen ein Ende zu setzen. Ich bin persönlich sehr stolz darauf, dass ich Vorsitzender der CTBTO war, als ich in Wien gearbeitet habe.

Die Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung, UNIDO, unterstützt Länder beim Wettbewerb auf den Weltmärkten.

Und das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, UNODC, tritt manchen der größten Fährnisse entgegen, die sich uns weltweit stellen, vom Terrorismus bis zu Korruption und Menschenhandel.

Vom Weltraum bis in die Herzen der Menschen - das Internationale Zentrum Wien war viel mehr als nur Zeitzeuge; es war der Ausgangspunkt für große Fortschritte in unserer Welt.

Es wird auch künftig an zentraler Stelle an dem internationalen Vorgehen gegen die schweren und bedrohlichen Krisen beteiligt sein, denen wir uns heute gegenübersehen:

Hunger. Grippe. Finanzielle Turbulenzen. Extreme Armut und Klimawandel.

Die UNIDO hilft der Industrie bei der Einführung sauberer Technologien.

Die IAEO hilft den Ländern beim Einsatz der Kerntechnologie zur Steigerung der Nahrungsmittelproduktion und zur Bekämpfung von Krankheiten.

Die Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht, UNCITRAL, hilft beim Aufbau eines offenen Handelssystems.

Das Büro für Weltraumfragen setzt Satellitendaten ein, um die Ernährungssicherheit zu verbessern.

Jedes Büro, jedes einzelne Mitglied des UNO-Systems hier in Wien leistet einen maßgeblichen Beitrag dazu, das Leben der Menschen besser zu machen.

Exzellenzen, meine Damen und Herren,

die Vereinten Nationen kamen in den Nachkriegsjahren nach Österreich. Damals erhielt Österreich die Hilfe der Weltorganisation.

Seither herrscht in Österreich wieder Frieden und Wohlstand, und Österreich stellt unserer Organisation nicht nur diese wunderbaren Räumlichkeiten zur Verfügung, sondern steuert auch Ressourcen, Personal und insbesondere Ideen bei.

Ich könnte viele beeindruckende Statistiken zu den Tausenden Friedenssicherungskräften und Millionen Euro anführen, die Österreich bereitstellt und die von so ausschlaggebender Wichtigkeit sind. An oberster Stelle möchte ich jedoch die Bereitschaft der Österreicher zum Dienst am Nächsten würdigen.

Kürzlich las ich die Geschichte einer jungen Österreicherin, die als Freiwillige der Vereinten Nationen im kriegszerrütteten Somalia tätig war.

Eines Tages geriet ihr Fahrzeug unter direkten Beschuss, doch sie schöpfte Kraft, indem sie sich die Not der Somalier vor Augen hielt.

Sie sagte sich, ich zitiere: "Ich hatte das Glück, eine gute Bildung zu erhalten, und alle Unterstützung, die damit verbunden war. Jetzt ist es an mir und an uns, denen zu helfen, denen solches Glück nicht beschieden war." Zitatende.

Diese junge österreichische Freiwillige leistet einen aktiven Beitrag zur Welt. Dasselbe tut auch ihr Heimatland Österreich durch seine Unterstützung der Vereinten Nationen.

Liebe Freunde,

gestatten Sie mir einige persönliche Worte.

Wie sie vielleicht bereits wissen, kam ich vor zehn Jahren als koreanischer Diplomat, um genau zu sein als Botschafter der Republik Korea, in dieses großartige Land. Die Ausstrahlung dieser Stadt hat mich fasziniert. Die wichtige Arbeit im Internationalen Zentrum Wien hat mich beeindruckt. Und ich hatte das Glück, viele Freundschaften knüpfen zu können, die mir auch heute noch lieb und wert sind und die ich samt meines halben Herzens in Wien zurückgelassen habe.

Wenn ich jetzt als Generalsekretär der Vereinten Nationen hierher zurückkehre, fühle ich eine noch stärkere Bindung, weil die Vereinten Nationen in Wien Teil meiner Familie ist.

Von hier aus werde ich in die Arktis weiterreisen, um die Aufmerksamkeit auf das Problem des Klimawandels zu lenken. Wir stehen etwa drei Monate vor der Konferenz der Vereinten Nationen über den Klimawandel im Dezember in Kopenhagen. Uns bleiben drei Monate, um uns auf ein Abkommen zu einigen, das über die Zukunft unseres Planeten entscheiden wird. Wir müssen es unter Dach und Fach bringen.

Die Welt erwartet von den Vereinten Nationen Lösungen für den Klimawandel und andere globale Probleme. Menschen in äußerster Not, Menschen, die unter Unsicherheit, Unterdrückung und Katastrophen leiden, wenden sich an uns um Hilfe. Wir sind für viele Millionen, sogar Milliarden Menschen ein Hoffnungsträger. Wir müssen diesen hohen Erwartungen der Menschen gerecht werden.

Keines der Probleme, denen wir uns momentan gegenübersehen, lässt sich von einem Staat, einem Menschen oder einer Organisation im Alleingang lösen. Nie war es so offensichtlich, dass gemeinsames Handeln geboten ist.

Aus eben diesem Grund habe ich mich in letzter Zeit für eine Erneuerung des Multilateralismus ausgesprochen. Es bedarf eines neuen Multilateralismus, der reale Ergebnisse für reale Personen erbringt und das globale Gemeinwohl in den Mittelpunkt stellt.

Seit meinem ersten Tag im Amt habe ich mich für stärkere Vereinte Nationen für eine bessere Welt eingesetzt. Auch bei unserer weiteren Arbeit für Gerechtigkeit, Menschenrechte, Wohlstand und Frieden werde ich auf das UNO-System in Wien und auf die anhaltende Unterstützung der Österreichischen Regierung und Menschen zählen.

Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass die nächsten dreißig Jahre noch produktiver, noch geschichtsträchtiger und noch richtungweisender werden. Das ist es, was die Welt jetzt braucht, und daran müssen wir arbeiten. Gemeinsam.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung und Ihre Hingabe.

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