Die wahren Kosten der Plattform-Wirtschaft: Ciné-ONU Vienna Filmvorführung von “The Gig Is Up”

Millionen von Menschen auf der ganzen Welt sind in der Plattform-Wirtschaft- auch Gig- Economy genannt - tätig und suchen Arbeitsmöglichkeiten online. „The Gig Is Up“ von Regisseurin Shannon Walsh aus dem Jahr 2021 beleuchtet mehrere Geschichten von Gig-Arbeiterinnen und Arbeitern und thematisiert die Vor- und Nachteile, die diese Menschen in dieser Schatten-Arbeitswelt konfrontieren.

WIEN, 18 September 2023 – Viele Leute kamen ins Top Kino um den Film „The Gig Is Up“ zu sehen - ein Film, der sich mit dem Leben von Beschäftigten in Bereichen wie Essens- Lieferdienste, Uber-Fahrtendienste und andere Online-Dienstleistungs-Plattformen befasst.

Nach dem Film diskutierten folgende Expertinnen und Experten zum Thema des Films: Christian Berger, Referent in der wirtschaftspolitischen Abteilung der Arbeitskammer Wien, Martin Gruber-Risak, ao. Universitätsprofessor am Institut für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Wien, Lynn Neubert, Managerin für Menschenrechte, Arbeit und Geschlechtergleichheit beim Global Compact Network Österreich, und Adele Siegl, ehemalige Betriebsrats-Vorsitzende beim Essenslieferdienst Mjam/Foodora GmbH. Die Diskussion wurde von Martin Nesirky, Direktor des Informationsdienstes der Vereinten Nationen (UNIS) in Wien, moderiert.

 

Mehr Flexibilität und potenziell höhere Einkommen sind einige der ansprechenden Vorteile von Selbständigkeit, welche eine zunehmende Anzahl an Menschen in verschiedenen Sektoren überzeugen, ihre traditionellen Bürojobs zu verlassen. Christian Berger gab an, dass die Zahlen zu offiziell registrierten Plattform-Beschäftigten in Europa unzuverlässig und wesentlich unterschätzt seien. In Österreich werden zum Beispiel auch manche Jobs als Pflegekräfte auf solchen Plattformen beworben. Zudem zeigt der Film, dass eine große Gruppe an Beschäftigten in der Gig-Economy aus undokumentierten Migrantinnen und Migranten, Minderjährigen, und ausgegrenzte Personen besteht, die keinen anderen Zugang zu Unterstützung haben.

Flexibilität hat jedoch einen Preis. Um die Vormachtstellung der Plattform-Unternehmen auf dem Markt auszubauen, müssen die nicht vertraglich gebundenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Preis dafür zahlen. Martin Gruber-Risak erörterte, wie die scheinbar vielversprechende “Flexibilität” die tatsächliche Mobilität beeinträchtigen kann, da Plattform-Beschäftigte häufig gezwungen sind mehrere Aufgaben zu übernehmen, um das Fehlen von Versicherungen und anderen Leistungen zu kompensieren, die typischerweise mit traditionellen Bürojobs verbunden sind.

Eine Event-Teilnehmerin fragte, warum Studierende oder Menschen aus der Mittelschicht zunehmend in der Gig-Economy beschäftigt sind. Neubert antwortete: “Unternehmen klassifizieren Arbeitnehmerinnen und Arbeiter gerne als unabhängige Dienstleister, und das ist nicht nur ein Phänomen, das in der Gig-Economy zu finden ist, es ist auch ein großes Problem im Kulturbereich und beim Fernsehen in Österreich... Es ist bequem für die Unternehmen und zunächst auch für die Nicht-Angestellten.” Auch Fachkräfte in anderen Bereichen, wie Architektinnen und Architekten oder Grafikdesignerinnen und Designer, sind in diesem globalen Wettbewerb gefangen.

Auf dem Podium wurde auch diskutiert, ob dieses Geschäftsmodell Bestand haben kann, da immer mehr Plattform-Beschäftigte für ihre Rechte eintreten.

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Das Recht auf Arbeit und gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sind auch in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Artikel 23) verankert, die dieses Jahr ihr 75-jähriges Bestehen feiert. Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum finden sich auch im Ziel acht der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) wieder.

Das Screening wurde von UNIS Wien in Zusammenarbeit mit dem Global Compact Network Austria anlässlich des SDG-Gipfels organisiert, der am 18. und 19. September während der Generalversammlung im UN-Hauptquartier in New York stattfand. Staats- und Regierungschefs versammelten sich beim Gipfeltreffen, um die Maßnahmen bis zum Jahr 2030, dem von allen UN-Mitgliedstaaten gesetzten Termin für die Erreichung der Ziele, zu beschleunigen.