UNIS/INF/182
30. November 2006

UNO-Generalsekretär Kofi Annan: "Jeder muss seinen Beitrag im Kampf gegen Aids leisten"

Erklärung zum Weltaidstag, 1. Dezember 2006

NEW YORK 28. November (UNO-Hauptquartier) -- In den 25 Jahren, seitdem der erste Fall auftrat, hat Aids die Welt verändert. 25 Millionen Menschen sind daran gestorben, 40 Millionen weitere haben sich infiziert. Aids ist die häufigste Todesursache bei Männern und Frauen im Alter zwischen 15 und 59. Die Krankheit hat uns die größte Wende in der Geschichte der menschlichen Entwicklung auferlegt. Anders gesagt: Sie ist die größte Herausforderung für unsere Generation.

Viel zu lang hat die Welt die Tatsachen ignoriert, aber in den vergangenen zehn Jahren ist es zu einem Bewusstseinswandel gekommen. Die Welt nimmt den Kampf gegen Aids nun so ernst, wie es nötig ist.

Wie nie zuvor werden finanzielle Zusagen gemacht, die Menschen haben Zugang zu Medikamenten, die die Bildung von Retroviren hemmen und einige Staaten bekämpfen die Ausbreitung wie nie zuvor. Da die Zahl der Ansteckungen unvermindert anhält, müssen wir jetzt den politischen Willen wie niemals zuvor mobilisieren.

Die Gründung des Gemeinsamen Programms der Vereinten Nationen für HIV/Aids (UNAIDS) vor zehn Jahren, das die Stärken und Ressourcen der verschiedenen Teile der UNO-Familie zusammengebracht hat, war ein Meilenstein in der Art, wie die Welt auf Aids reagiert. Vor fünf Jahren haben die Mitgliedsstaaten einen weiteren Meilenstein erreicht, indem sie die Verpflichtungserklärung verabschiedet haben, die eine Reihe von spezifischen, weitreichenden und zeitgebundenen Zielen für den Kampf gegen die Epidemie aufstellt.

Im selben Jahr, in dem ich HIV/Aids zu einer meiner persönlichen Prioritäten bei meiner Arbeit als Generalsekretär gemacht habe, habe ich dazu aufgerufen, eine "Kriegskasse" zu schaffen, in die jedes Jahr sieben bis zehn Milliarden Dollar eingezahlt werden. Heute bin ich sehr stolz darauf, Schirmherr des 

Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria zu sein. Der Fonds hat inzwischen weltweit mehr als 2,8 Milliarden Dollar an verschiedene Programme vergeben. Erst kürzlich haben andere Geber, Finanzministerien und die Zivilgesellschaft große Summen gespendet. Die jährlichen Investitionen in eine Antwort gegen Aids betragen in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen mehr als acht Milliarden Dollar. Natürlich ist viel mehr nötig. Von 2010 an werden wir mehr als 20 Milliarden Dollar pro Jahr für eine umfassende Antwort auf Aids benötigen. Aber immerhin haben wir einen Anfang gemacht und die grundlegenden Ressourcen und Strategien sind vorhanden.

Da die Entwicklung  jetzt an Schwung gewonnen hat, liegt die Messlatte höher als je zuvor. Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Fortschritte wieder zunichte gemacht werden. Wir dürfen die großen Anstrengungen so vieler Menschen nicht gefährden. Wir müssen nun alle Versprechen auch einhalten - einschließlich der Millenniums-Entwicklungsziele, die von allen Regierungen verabschiedet worden sind und in denen festgeschrieben ist, dass die Ausbreitung von HIV bis zum Jahr 2015 gestoppt oder verringert werden soll. Die Verantwortlichen müssen erkennen, dass diese Verpflichtung auch eine Voraussetzung ist, um die anderen Millenniumsziele zu erreichen. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft verpflichtet sein und wir alle müssen dies von ihnen auch fordern.

Rechenschaftspflicht - das Motto des diesjährigen Weltaidstags - bedeutet, dass jeder Präsident, Ministerpräsident, Abgeordnete und sonstige Politiker etwas gegen Aids unternehmen Sie müssen den Schutz für alle gefährdeten Gruppen erhöhen, seien es HIV-Infizierte, junge Menschen, Prostitutierte, Drogenabhängige oder Homosexuelle. Sie müssen eng mit den zivilgesellschaftlichen Gruppen zusammenarbeiten, die eine so entscheidende Arbeit in diesem Kampf leisten. Sie müssen daran arbeiten, einen wirklichen Wandel zu erreichen, der Frauen und Mädchen mehr Macht und Vertrauen gibt, und sie müssen die Beziehungen zwischen Männern und Frauen in allen Gesellschaftsschichten verändern.

Aber nicht nur diejenigen, die Macht besitzen, haben die Pflicht zur Rechenschaft. Diese Pflicht besitzen wir alle. Unternehmer müssen am Arbeitsplatz HIV-Prävention leisten und für betroffene Mitarbeiter und ihre Familien sorgen. Mitarbeiter der Gesundheitsdienste, von Gemeinden und religiösen Gruppen müssen zuhören und sich um die Betroffenen kümmern, ohne sie zu verurteilen. Väter, Ehemänner, Söhne und Brüder müssen die Rechte der Frauen unterstützen und bekräftigen. Lehrer müssen die Träume und Hoffnungen von Mädchen fördern.

Meine Amtszeit als UNO-Generalsekretär wird bald zu Ende sein. Aber so lange ich kann, werde ich diese Botschaft verkünden. Deshalb wird der Weltaidstag für mich immer etwas besonderes sein. Bekräftigen wir an diesem Weltaidstag, dass wir unser Versprechen halten. Nicht nur an diesem Tag, in diesem oder im nächsten Jahr sondern an jedem Tag, bis die Krankheit besiegt ist. 

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