Nur zur Unterrichtung – kein offizielles Dokument

UNIS/SGSM/1155
9. August 2021

 

Der Generalsekretär

Stellungnahme zum Bericht der Arbeitsgruppe I der Zwischenstaatlichen Sachverständigengruppe für Klimaänderungen (IPCC) zu den wissenschaftlichen
Grundlagen der sechsten Bewertung

9. August 2021

Mit dem heute erschienenen Bericht der IPCC-Arbeitsgruppe I wird für die Menschheit die höchste Warnstufe ausgerufen. Die Alarmglocken sind unüberhörbar, die Beweise unwiderlegbar: Die Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe und der Entwaldung ersticken die Erde und bringen Milliarden Menschen in unmittelbare Gefahr. Die Erwärmung trifft alle Regionen der Erde, und viele der Veränderungen werden bald unumkehrbar sein.

Wir befinden uns gefährlich nah am international vereinbarten Schwellenwert von 1,5 °C.

Wir laufen unmittelbar Gefahr, diese Schwelle in naher Zukunft zu erreichen, und ihr Überschreiten ist nur zu verhindern, indem wir dringend stärkere Anstrengungen unternehmen und den ambitioniertesten Weg einschlagen.

Um das 1,5 °C-Ziel einzuhalten, müssen wir jetzt entschlossen handeln.

Die Erderwärmung liegt schon jetzt bei 1,2 °C – Tendenz steigend – und hat sich in den letzten Jahrzehnten beschleunigt. Jeder Bruchteil eines Grades zählt. Die Treibhausgaskonzentrationen sind so hoch wie nie zuvor. Extreme Wetterereignisse und Klimakatastrophen nehmen an Häufigkeit und Schwere zu. Das macht die diesjährige Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Glasgow so wichtig.

Die Überlebensfähigkeit unserer Gesellschaften hängt davon ab, dass sich die Führungsverantwortlichen aus Regierungen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft vereint für Politiken, Maßnahmen und Investitionen einsetzen, die den Temperaturanstieg auf 1,5 °C begrenzen. Dies sind wir der gesamten Menschheit schuldig, insbesondere den ärmsten und schwächsten Gemeinschaften und Nationen, die vom derzeitigen Klimanotstand am stärksten betroffen sind, obwohl sie die geringste Verantwortung dafür tragen.

Die Lösungen liegen auf der Hand. Wenn wir dieser Krise solidarisch und mutig entgegentreten, sind inklusive und grüne Volkswirtschaften, Wohlstand, sauberere Luft und eine bessere Gesundheit für alle möglich. Alle Länder, insbesondere die G20 und andere große Emittenten, müssen sich der Koalition zur Verwirklichung von Netto-Null-Emissionen anschließen und ihre Verpflichtungen vor der Klimakonferenz COP26 in Glasgow durch glaubwürdige, konkrete und erhöhte national festgelegte Beiträge und eine entsprechende Politik bekräftigen.

Wir brauchen sofortige Maßnahmen im Energiebereich, denn wenn die Kohlenstoffbelastung nicht umgehend drastisch gesenkt wird, gerät das 1,5 °C-Ziel schnell außer Reichweite. Dieser Bericht muss das Ende für Kohle und fossile Brennstoffe einläuten, bevor sie unseren Planeten zerstören. Nach 2021 dürfen keine neuen Kohlekraftwerke mehr gebaut werden. Die OECD-Länder müssen bis 2030 aus der Kohle aussteigen, alle anderen müssen bis 2040 nachziehen. Auch sollten die Länder jede weitere Exploration und Förderung fossiler Brennstoffe einstellen und die Subventionen für fossile Brennstoffe in erneuerbare Energien umlenken. Um Netto-Null bis Mitte des Jahrhunderts zu erreichen, sollten bis 2030 die Solar- und Windkraftkapazitäten vervierfacht und die Investitionen in erneuerbare Energien verdreifacht werden.

Die Klimafolgen werden sich zweifelsohne verschärfen. Es besteht ein klares moralisches und wirtschaftliches Gebot, das Leben und die Existenzgrundlagen derjenigen zu schützen, die an der Front der Klimakrise stehen. Die Finanzierung von Anpassung und Resilienz darf nicht länger die vernachlässigte Hälfte der Klimagleichung sein. Nur 21 Prozent der Klimaförderung fließen in die Anpassung. Ich fordere die Geber und die multilateralen Entwicklungsbanken erneut auf, mindestens 50 Prozent der gesamten öffentlichen Klimafinanzierung für den Schutz von Menschen, insbesondere Frauen und gefährdeten Gruppen, vorzusehen. Die Ausgaben für die Überwindung von COVID-19 müssen an den Zielen des Übereinkommens von Paris ausgerichtet werden, und das vor einem Jahrzehnt abgegebene Versprechen, jährlich 100 Milliarden US-Dollar zur Unterstützung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen in den Entwicklungsländern zu mobilisieren, muss eingehalten werden.

Die Klimakrise birgt für Investoren, Unternehmen und Eigner von Vermögenswerten enorme finanzielle Risiken. Es gilt, diese Risiken zu beziffern, offenzulegen und zu mindern. Ich fordere die Führungsspitzen der Unternehmen auf, einen internationalen Mindestpreis für Kohlenstoff zu unterstützen und ihre Portfolios am Übereinkommen von Paris auszurichten. Um eine gerechte und rasche Umstellung der Weltwirtschaft auf Netto-Null zu gewährleisten, müssen der öffentliche und der private Sektor zusammenarbeiten.

Wenn wir unsere Kräfte jetzt bündeln, können wir die Klimakatastrophe noch abwenden. Wie der heutige Bericht deutlich zeigt, bleibt jedoch weder Zeit für Verzögerungen noch Spielraum für Ausreden. Ich zähle darauf, dass die Staats- und Regierungsoberhäupter und alle Interessenträger die COP26 zu einem Erfolg machen.

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