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UNIS/NAR/1456
10. März 2022
Der Internationale Suchtstoffkontrollrat, in seinem Jahresbericht 2021,
- äußert sich besorgt über die weitreichenden negativen Auswirkungen, die illegale Finanzströme im Zusammenhang mit dem Drogenhandel auf die Gesellschaft und die wirtschaftliche Entwicklung haben;
- warnt, dass jährlich Millionen von US-Dollar an organisierte kriminelle Gruppen durch illegale Finanzströme verloren gehen, was besonders den Entwicklungsländern schadet;
- stellt fest, dass es zunehmend Belege für einen Zusammenhang zwischen der Nutzung sozialer Medien und dem Drogenkonsum gibt, da diese Plattformen neue Möglichkeiten bieten, kontrollierte Substanzen zu kaufen und negatives Verhalten verherrlichen;
- zeigt sich besorgt über die regionalen Unterschiede bei der Verfügbarkeit von Schmerzmitteln und fordert Regierungen auf, den Zugang anzugleichen; und
- warnt vor erheblichen Mängeln bei der Kontrolle über die Herstellung, den Handel und Vertrieb von chemischen Vorläuferstoffen und fordert Regierungen auf, ihre rechtlichen Rahmenbedingungen zu verbessern.
WIEN, 10. März (UN Informationsdienst Wien) – Der Internationale Suchtstoffkontrollrat (INCB) warnt in seinem Jahresbericht 2021, dass illegale Finanzströme aus dem Drogenhandel weitreichende negative Auswirkungen auf die Gesellschaft haben, da sie Geld aus der Wirtschaft ableiten und zu sozialer und politischer Instabilität führen.
Illegale Finanzströme im Zusammenhang mit dem Drogenhandel haben weitreichende negative Auswirkungen auf die Gesellschaft
Der Jahresbericht 2021 geht im Detail auf illegale Finanzströme ein, die durch den Drogenhandel generiert werden und untersucht deren negative Einflüsse auf die Gesellschaft – von Korruption über Erpressung bis zu ansteigender organisierter Kriminalität, Gewalt, Armut und Ungleichheit.
Die INCB Präsidentin Jagjit Pavadia sagte: „Der INCB ist der Ansicht, dass illegale Finanzströme besondere Aufmerksamkeit und Prüfung verdienen, da der Drogenhandel äußerst lukrativ für organisierte kriminelle Gruppen ist und diese Gruppen auf illegale Finanzströme angewiesen sind, um ihre kriminellen Aktivitäten auszuweiten und zu erhalten.“
Analysierte Daten zeigen, dass Länder mit einem großen Anteil am weltweiten Drogenhandel tendenziell ein hohes Maß an Instabilität, Gewalt und Kriminalität aufweisen. Um diesem negativen Effekt entgegenzuwirken, fordert der Suchtstoffkontrollrat Regierungen auf, gegen alle Stadien des Drogenhandels vorzugehen – von der Produktion und Kultivierung bis hin zum Verkauf und der Verschleierung von illegalem Profit.
Illegale Finanzströme, die durch den Drogenhandel generiert werden, leiten finanzielle Ressourcen weg von Initiativen, die dringend benötigt werden, um Armut zu reduzieren und die soziale und wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Dies wiederum schwächt das Prinzip der “guten Regierungsführung” und vergrößert die Ungleichheit.
Um diese illegalen Finanzströme zu unterbinden, ruft der Kontrollrat Regierungen auf, organisierte Kriminalität gemeinsam zu bekämpfen und Informationen auf internationaler Ebene untereinander auszutauschen. „Illegale Finanzströme kennen weder Grenzen noch haben sie eine Nationalität. Deswegen ist kollektives Handeln erforderlich,“ sagte INCB-Präsidentin Jagjit Pavadia.
Illegale Finanzströme sind besonders gravierend für Entwicklungsländer und verhindern das Erreichen der Ziele für nachhaltige Entwicklung
Der Bericht führt aus, dass jährlich Millionen von US-Dollar an organisierte kriminelle Gruppen verloren gehen. Der illegale Kapitalabfluss trifft Entwicklungsländer, die speziell auf finanzielle Mittel für die Armutsbekämpfung und das Wirtschaftswachstum angewiesen sind, besonders hart. Die Kosten illegaler Finanzströme sind besonders hoch in Afrika und haben entwicklungsfeindliche Auswirkungen für viele Länder. Insgesamt gehen schätzungsweise jährlich 88,6 Milliarden US-Dollar, etwa 3,7 Prozent des afrikanischen Bruttoinlandsproduktes, an illegale Finanzströme verloren. Dies entspricht ungefähr der Summe an jährlichen Zuflüssen aus öffentlichen Entwicklungshilfen und ausländischen Direktinvestitionen.
Illegale Finanzströme verhindern auch das Erreichen der Ziele für nachhaltige Entwicklung, da öffentliche Ressourcen trockengelegt und Bemühungen zur Mobilisierung von Entwicklungshilfen entkräftet werden.
Der INCB appelliert an Regierungen, den Kampf gegen illegale Finanzströme zu priorisieren und die Gelder und Ressourcen, die notwendig für die Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung sind, abzusichern. Außerdem sollen die Regierungen die gesundheitlichen, sozialen und ökonomischen Effekte der COVID-19-Pandemie weiterhin mit Vorrang angehen.
Neue Technogien erleichtern den illegalen Geldverkehr
Neue Technologien wie digitale Währungen, mobile Bezahlsysteme und E-Wallet-Dienste haben den internationalen Geldverkehr leichter und schneller gemacht. Sie haben auch Benutzer/innen und deren Aktivitäten anonymisiert und dabei neue Möglichkeiten für illegale Finanzströme geschaffen. Der Rat warnt davor, dass organisierte kriminelle Gruppen diese Technologien ausnutzen, um die eigentliche Quelle ihrer illegalen Geldmittel zu verbergen und ihren Profit zu maximieren.
Zusammenhang zwischen der Nutzung von sozialen Medien und Drogenkonsum muss angesprochen werden
In seinem Jahresbericht findet der INCB vermehrt Beweise für einen Zusammenhang zwischen der Nutzung von sozialen Medien und der Anfälligkeit, Drogen zu konsumieren. Die INCB-Präsidentin Jagjit Pavadia sagte: “Der jährliche Bericht schildert nicht nur, dass soziale Medien negative, von Drogen hervorgerufene Verhaltensweisen verherrlichen, sondern auch Nutzer/innen die Möglichkeit bietet, Cannabis, rezeptpflichtige Schmerzmittel und andere kontrollierte Substanzen auf vielen Plattformen zu kaufen.“
Diese Entwicklung ist besonders relevant für junge Menschen, die die Hauptnutzer/innen von Social Media sind und zu einer Altersgruppe gehören, deren Drogenkonsum hoch ist. Der INCB fordert Regierungen dazu auf, eine aktivere Rolle in der Regulierung dieser Plattformen zu spielen. Der Rat ersucht auch den privaten Sektor, ihre Plattformen zu regulieren und die Werbung und Absatzförderung der nichtmedizinischen Verwendung von Drogen einzustellen. Jagjit Pavadia sagte diesbezüglich: „Es ist daher zwingend erforderlich, dass man sich dieser Thematik widmet - nicht nur für die Nutzer/innen von heute, sondern auch für die nächsten Generationen, die von den sozialen Medien in ihrem alltäglichen Leben Gebrauch machen werden.
Besorgnis über regionale Unterschiede bei der Verfügbarkeit von Schmerzmitteln bleibt bestehen
Analysen des Gesamtverbrauchs von Opioid-Analgetika zur Schmerzlinderung bestätigen, dass es nach wie vor große Unterschiede zwischen den Regionen gibt. Der INCB-Bericht fand, dass beinahe der gesamte Konsum von Opioid-Analgetika auf die entwickelten Länder Europas und Nordamerikas konzentriert ist. Währenddessen ist die Verfügbarkeit dieser Medikamente in anderen Regionen der Welt oftmals unzureichend und der medizinische Bedarf dieser Bevölkerungsgruppen kann nicht gedeckt werden. Der Rat appelliert an Regierungen, mehr zu tun, um Medikamente in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen und bittet Länder mit größeren Ressourcen, Ländern mit geringeren Ressourcen bei der Sicherstellung des Zugangs zu Betäubungsmitteln zu helfen.
INCB tritt für kollektives Verständnis für die Konzepte der Entkriminalisierung, „Entstrafung“ und Legalisierung ein
INCB-Präsidentin Jagjit Pavadia sagte: “Zahlreiche Staaten haben den Konsum von Cannabis für nicht-medizinische Zwecke entkriminalisiert und aufgehört, Drogendelikte strafrechtlich zu verfolgen. Dies wurde von verschiedenen Parteien als Legalisierung der nichtmedizinischen Verwendung von Cannabis interpretiert.“
Der INCB hebt in seinem Bericht die Notwendigkeit eines kollektiven Verständnisses für die Konzepte der Legalisierung, Entkriminalisierung und „Entstrafung“ im Einklang mit den Drogenkontrollkonventionen hervor. Der INCB betont, dass ausgeglichene und verhältnismäßige Reaktionen auf Drogendelikte unter Achtung der Menschenrechte und des Gemeinwohls das Leitprinzip bei Strafrechtsangelegenheiten sein sollten. Die Ratspräsidentin betonte, dass „die Legalisierung des nichtmedizinischen Gebrauchs von Cannabis gegen die Drogenkontrollkonventionen verstößt."
INCB GRIDS Programm begünstigt den globalen Informationsaustausch
Das INCB Programm „Global Rapid Interdiction of Dangerous Substances (GRIDS)“ fördert den Informationsaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden, um zu verhindern, dass gefährliche Substanzen auf den Verbrauchermarkt gelangen. Der Bericht veranschaulicht, wie das Programm Ermittlungen verstärkt und die internationale Zusammenarbeit erleichtert, was zu Beschlagnahmungen, Verhaftungen, Strafverfolgungen und der Zerschlagung internationaler Händlernetzte geführt hat. Die über das GRIDS Programm unterstützen öffentlich-privaten Partnerschaften erreichten, dass mehrere Hundert gefährliche Stoffe von Onlineplattformen entfernt wurden und die Verfügbarkeit von gefährlichen Substanzen für den Endverbraucher reduziert wurde.
Jahresbericht über Vorläufersubstanzen
In seinem diesjährigen Bericht über Vorläufersubstanzen fordert der INCB nachdrücklich, dass die nationalen Kontroll- und Regulierungsrahmen für chemische Vorläufersubstanzen verbessert werden müssen. Eine im Juni 2021 durchgeführte INCB-Umfrage hat gezeigt, dass es erhebliche Mängel bei der Kontrolle der inländischen Herstellung und des Handels und Vertriebs von chemischen Vorläufersubstanzen gibt. Diese Kontrollmängel ermöglichen es Händlern, gewisse chemische Substanzen unerkannt auf dem legalen Markt zu erwerben.
Nicht erfasste Chemikalien, die als Alternative zu kontrollierten Vorläufersubstanzen bei der illegalen Herstellung von Drogen verwendet werden können, sind mittlerweile in allen Regionen der Welt erhältlich. Der Kontrollrat betont, dass die Unterbindung der illegalen Drogenherstellung globale Maßnahmen erfordert und dass die Verbreitung von nicht erfassten Chemikalien und Designersubstanzen gezügelt werden muss. Der INCB unterstützt und fördert weiterhin Initiativen für globale bewährte Methoden (Best Practices), bezogen auf die industrielle Zusammenarbeit bei Vorläuferchemikalien.
Weitere Informationen unter: https://unis.unvienna.org/unis/en/events/2022/incb_2021.html
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