Bei einem Pressebriefing in Wien anlässlich der Veröffentlichung des Berichts zu den Millenniums-Entwicklungszielen 2010 stellte Maher Nasser, Direktor UNIS Wien, die bisher erzielten Fortschritte bei der Erreichung der MDGs dar und zeigte Bereiche auf, in denen noch mehr Anstrengungen nötig sind, wenn die Ziele in den nächsten fünf Jahren erreicht werden sollen.
In seiner Präsentation zeigte Nasser anhand der Daten des Berichts den bereits erreichten Fortschritt bezüglich der MDGs auf. Trotz einiger Rückschläge ist die Welt noch immer auf dem richtigen Weg, um das Ziel der Armutsreduzierung zu erreichen. Die Zahl der Armen wäre bereits jetzt weiter zurückgegangen, wenn es die Finanzkrise nicht gegeben hätte, so Nasser.
Als eine positive Entwicklung ist die steigende Einschulungsrate in Grundschulen zu nennen, obwohl noch zehn Prozent zum Ziel der allgemeinen Schulbildung für alle fehlen. Die Abschaffung der Schulgebühren in einigen Ländern wie Burundi hat die Zahl derer verdreifacht, die zur Schule zu gehen. Es hat bemerkenswerte Erfolge bei der Senkung der Todesfälle durch Malaria und erhebliche Fortschritte bei der Verringerung der Kindersterblichkeit gegeben. Während sich die Ausbreitung von HIV stabilisiert hat, übersteigt die Zahl der Neuinfektionen weiterhin die Ausweitung der Behandlung der Krankheit.
Sauberes Trinkwasser ist immer noch ein Luxus für eine große Zahl von Menschen auf der ganzen Welt, aber das MDG-Ziel der Halbierung der Zahl der Menschen ohne nachhaltigen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung scheint nun in greifbare Nähe, so Maher Nasser.
Nasser sagte, fast die Hälfte der Weltbevölkerung habe keinen Zugang zu sanitärer Grundversorgung und zitierte eine Studie der Universität der Vereinten Nationen, wonach mehr Menschen in Indien Zugang zu einem Handy haben als zu einer Toilette.
Maher Nasser sprach auch über den ungleichen Zugang zu Dienstleistungen und betonte die Unterschiede zwischen ländlicher und städtischer Bevölkerung, zwischen Frauen und Männern, zwischen Arm und Reich.
Er hob die Bedeutung von entschiedenem Handeln der Industrieländer hervor, um die Millenniums-Entwicklungsziele erreichen zu können, insbesondere durch die Erfüllung ihrer Verpflichtung, die offizielle Entwicklungshilfe und den fairen Handel zu erhöhen. Von allen Geberländern haben nur fünf Länder - Dänemark, Luxemburg Niederlande, Norwegen und Schweden - im Jahr 2009 das Ziel von 0,7 Prozent des BIP erfüllt.
Der Sonderberater des Generaldirektors der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO), Ole Lundby, sagte es sei nicht verwunderlich, dass in dem Bericht Rückschläge als Folge der Finanzkrise genannt werden, und dass der weitere Weg nicht unbedingt glatt verlaufen müsse.
Aus Perspektive von UNIDO sei Wirtschaftswachstum entscheidend für Armutsbekämpfung und nachhaltige Entwicklung, so Lundby. Im Hinblick auf die Millenniums-Entwicklungsziele ist UNIDO auf die Verringerung der Armut (Ziel 1), das Stärkung von Frauen (Ziel 3), die ökologischen Nachhaltigkeit (Ziel 7) und die Entwicklung einer globalen Partnerschaft für Entwicklung (Ziel 8) fokussiert.
Als Beitrag zur Verringerung der Armut hilft UNIDO, Unternehmer in Entwicklungsländern zu unterstützen und die Ausbildung von Menschen in der Landwirtschaft zu entwickeln. So gibt es spezielle Programme, um die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen zu unterstützen, sowie die Einführung von Gender-Mainstreaming-Programmen in der Arbeit von UNIDO. UNIDO hilft auch, die sauberere Industrieproduktion zu unterstützen.
Die meisten MDGs sind soziale Ziele und in ihrer Formulierung nicht direkt mit Wirtschaftswachstum verknüpft. In Zukunft aber müssten die Entwicklungsländer in die Lage versetzt werden, ihre Sozialkosten wie Gesundheit und Bildung auf der Basis von Wirtschaftswachstum selbst zu tragen, so Lundby.
Er empfahl, sich die Erfolgsgeschichten einiger Schwellenländer in Ost- und Südasien sowie Afrika anzusehen und daraus zu lernen, wie sie es geschafft haben, das Stadium eines Entwicklungslandes zu verlassen.
Der UNIS-Direktor griff die letzte Bemerkung Lundbys auf, um auf die acht Aktionen hinzuweisen, die in einem Bericht des Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) zu Beginn des Monats beschrieben wurden ( An International Assessment - what will it take to achieve the MDGs by 2015?). Dazu zählen die Unterstützung von Entwicklung auf der Basis von Eigeninitiative, die Förderung gesamtwirtschaftlichen Wachstums, die Erhöhung der öffentlichen Investitionen in Bildung, Gesundheit, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sowie Infrastruktur, das scaling-up gezielter Eingriffe, einschließlich Programme für soziale Sicherheit und Beschäftigung, Investitionen in Frauen und Mädchen, die Verbesserung des Zugangs zu alternativer Energie und die Förderung kohlenstoffarmer Entwicklung, die beschleunigte Mobilisierung inländischer Ressourcen zur Finanzierung der MDGs, und die Einhaltung von EZA-Verpflichtungen und die Verbesserung von Berechenbarkeit, Wirksamkeit, Arbeitsteilung und Auszahlungsmodalitäten.
Balázs Horváth, Spezialist für Armutsreduzierung des UNDP-Regionalzentrums für Europa und die GUS-Statten, erklärte, dass er die MDGs als eine Reihe von allgemeinen Prioritäten für Entwicklung, die den Menschen ins Zentrum stell und tauf Ergebnisse konzentriert ist. Horváth sprach von der Notwendigkeit des politischen Willens, die Millenniums-Entwicklungsziele zu erreichen und der Notwendigkeit darüber nachzudenken, was nach 2015 geschehen wird - dem Bezugsjahr für die Einhaltung der Millenniums-Entwicklungsziele.
In Bezug auf die Region, in den er arbeitet - Mittel- und Südosteuropa und die GUS-Staaten sowie Georgien - sagte er, dass es dort sehr unterschiedliche Entwicklungsstandards gebe - von Ländern wie Slowenien mit einem vergleichbaren Lebensstandard wie Österreich bis Tadschikistan, das eher mit Afrika südlich der Sahara vergleichbar ist. Die Region wurde von der globalen Finanzkrise sehr hart getroffen - härter als jede andere Region der Welt - und die Folgen werden noch einige Jahre andauern.
Die Armut hat in der Region zugenommen und der Grad der Ungleichheit ist rapide gewachsen, was soziale Auswirkungen hat. Ernährungssicherheit ist ein Problem in einigen Ländern Zentralasiens: Wir müssen die landwirtschaftliche Produktivität erhöhen und das Problem von Landbesitz und der Verfügbarkeit von Wasser angehen, so Horváth.
Es besteht eine klare Notwendigkeit für die Länder, eine kohärente, nach Prioritäten geordnete und gut finanzierte nationale Entwicklungsstrategie zu verfolgen, sagte Horváth. Die Höhe der Entwicklungshilfe sei bis 2015 vermutlich nicht zu verdoppeln. Deshalb sei es wichtig, dass die Hilfsgelder effizienter verwendet würden; durch eine verbesserte Vernetzung der Hilfe auf Seiten der Geber und der Suche nach neuen Geldgebern aus dem privaten Sektor und Ländern mit mittlerem Einkommen wie China, Russland und Indien.
Als Antwort auf eine Frage bestritt Lundby, dass die Ziele waren zu hoch gestellt wurden. "Ein verhungerndes Kind hat nicht viel Geduld", sagte er. Die entwickelten Länder müssten ihre Versprechungen durch die Weitergabe von Ressourcen an die Entwicklungsländer einhalten und die Entwicklungsländer müssten eine verantwortungsbewusste Regierungsführung gewährleisten. UNIS-Direktor Nasser betonte ebenfalls, dass es neben der verbesserten Wirksamkeit der Hilfe auch eine Notwendigkeit sei, Korruption und Verschwendung auszuräumen, um sicherzustellen, dass Hilfe besser genutzt werden kann. Lundby bemerkte, dass manchmal ein ganzheitlicher Ansatz zur Erreichung der Ziele fehlen würde.
Die Rolle des Privatsektors und der Nichtregierungsorganisationen wurde durch Herrn Horváth in seiner Antwort auf eine Frage nach der Rolle des fairen Handels hervorgehoben. Die Armen seien überproportional von der weltweiten Finanzkrise beitroffen und die am meisten Gefährdeten könnten nicht auf ein (finanzielles) Polster zurückgreifen. Daher würde es für die Ärmsten lange Zeit brauchen, um sich zu erholen.
Gefragt nach den Auswirkungen des Kolonialismus meinten Lundby und Nasser, dass die negativen und spaltenden Auswirkungen als Hinterlassenschaft des Kolonialismus noch in vielen Ländern spürbar seien. Einige Konflikte wie der Krieg in Ruanda im Jahre 1994 könnten als Teil dieses Erbes angesehen werden, sagte Lundby. Allerdings sei es wichtig, nach vorne zu schauen und vom positiven Beispiel Ruanda zu lernen, da das Land trotz dieses schrecklichen Ereignisses eine erstaunliche Entwicklung erfahren hat. Er sagte, man müsse untersuchen, warum es in diesem Land funktioniert und sich mit verantwortungsbewusster Regierungsführung auseinandersetzen.
Weitere Informationen über die Millenniums-Entwicklungsziele.