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UNIS/NAR/1481
5. März 2024

Die Rolle des Internets beim Drogenhandel und Drogenkonsum wird im Jahresbericht des Internationalen Suchtstoffkontrollrats hervorgehoben

In seinem Jahresbericht 2023 stellt den Internationale Suchtstoffkontrollrat fest:

- dass der Online-Drogenhandel die Verfügbarkeit von Drogen auf dem illegalen Markt erhöht hat;

- warnt, dass die Patientensicherheit durch illegale Internetapotheken gefährdet ist, die Medikamente ohne Rezept direkt an den Verbraucher verkaufen;

- betont die gewaltige Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, Online-Drogenaktivitäten zu überwachen und strafrechtlich zu verfolgen;

- sieht Möglichkeiten, das Internet und die sozialen Medien für Kampagnen zur Prävention des Drogenkonsums und zur Verbesserung des Zugangs zu Drogenbehandlungsdiensten zu nutzen;

- ermutigt Regierungen, das gesamte Spektrum der INCB-Instrumente und -Programme zu nutzen, um ihre Bemühungen zur Bekämpfung der Ausbeutung des Internets für den Drogenhandel zu unterstützen, und

- äußert seine Besorgnis über die anhaltenden regionalen Unterschiede bei der Verfügbarkeit und dem Konsum von legalen Medikamenten zur Schmerzlinderung.

WIEN, 5. März (UN-Informationsdienst) – Die Entwicklung des Online-Drogenhandels stellt die Drogenkontrolle vor neue Herausforderungen, so der Internationale Suchtstoffkontrollrat (INCB) in seinem Jahresbericht. Es gebe aber auch Möglichkeiten, das Internet für die Drogenprävention und -behandlung zu nutzen, um die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen zu schützen.

Die zunehmende Verfügbarkeit illegaler Drogen im Internet, die Ausnutzung von Online-Plattformen, einschließlich sozialer Medien, durch kriminelle Gruppen und das erhöhte Risiko von Todesfällen durch Überdosierung aufgrund der Online-Präsenz von Fentanyl und anderen synthetischen Opioiden sind einige der zentralen Herausforderungen für die Drogenkontrolle im Internet-Zeitalter.

" Es zeigt sich, dass der Drogenhandel nicht nur über das Dark Web abgewickelt wird. Auch legale E-Commerce-Plattformen werden von Kriminellen ausgenutzt. Wir ermutigen die Regierungen, mit dem Privatsektor und den Projekten des INCB zusammenzuarbeiten, um den Online-Handel mit Drogen und anderen gefährlichen Substanzen zu verhindern und aufzudecken", sagte Jallal Toufiq, Präsident des INCB."

Die Nutzung sozialer Medien und anderer Online-Plattformen ermöglicht es Drogenhändlern, ihre Produkte einem großen globalen Publikum anzubieten. Unterschiedliche herkömmliche Soziale Medienplattformen werden als lokale Marktplätze genutzt und ungeeignete Inhalte sind für Kinder und Jugendliche weithin zugänglich.

Verschlüsselungsmethoden, anonymes Surfen im Darknet und Kryptowährungen werden häufig genutzt, um der Entdeckung zu entgehen, was die Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit dem Online-Handel erschwert. Die Täter können ihre Aktivitäten in Gebiete verlagern, in denen die Strafverfolgung weniger intensiv oder die Strafen milder sind, oder sich in Ländern niederlassen, in denen sie sich der Auslieferung entziehen können. Das schiere Ausmaß der Online-Aktivitäten stellt eine zusätzliche Komplikation dar. In einem Fall in Frankreich sammelten die Strafverfolgungsbehörden mehr als 120 Millionen Textnachrichten von 60.000 Mobiltelefonen.

Die Patientensicherheit wird durch illegale Internetapotheken gefährdet, die rezeptfreie Arzneimittel direkt an Verbraucher verkaufen. Für den Verbraucher ist es unmöglich zu erkennen, ob es sich um gefälschte, nicht zugelassene oder gar illegale Arzneimittel handelt. Der Wert des weltweiten Handels mit illegalen Arzneimitteln wird auf 4,4 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Möglichkeiten der Drogenbehandlung und -prävention

Der Rat sieht Möglichkeiten, Online-Plattformen zu nutzen, um den nicht-medizinischen Drogenkonsum zu verhindern, das Bewusstsein für die Schäden des Drogenkonsums zu schärfen und Kampagnen im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu unterstützen. Regierungen können soziale Medienplattformen nutzen, um Präventionskampagnen gegen Drogenmissbrauch durchzuführen, insbesondere unter jungen Menschen.

"Es gibt Möglichkeiten, soziale Medien und das Internet zu nutzen, um dem Drogenkonsum vorzubeugen, das Bewusstsein für seine Schäden zu schärfen und den Zugang zu Drogenbehandlungsdiensten zu verbessern", sagte INCB-Präsident Toufiq. "Gleichzeitig sind wir besorgt über die zunehmende Nutzung sozialer Medien für die Vermarktung von Drogen, auch an Kinder, und über die Art und Weise, wie Kriminelle Online-Plattformen für illegale Aktivitäten ausnutzen."

Telemedizin und Internetapotheken könnten den Zugang zur Gesundheitsversorgung verbessern und dazu beitragen, dass mehr Menschen mit Drogenproblemen erreicht werden und Drogenbehandlungsdienste in Anspruch nehmen. Online-Plattformen könnten auch genutzt werden, um Informationen über die negativen Folgen des Drogenkonsums zu verbreiten und vor gefälschten Medikamenten zu warnen.

Internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung dieses wachsenden Trends erforderlich

Aufgrund des globalen Charakters von Online-Plattformen ist Zusammenarbeit unerlässlich, um neue Bedrohungen zu erkennen und wirksame Gegenmaßnahmen zu entwickeln. 

Der INCB fördert die freiwillige Zusammenarbeit zwischen Regierungen und der Online-Industrie, um den Missbrauch legaler E-Commerce-Plattformen für den Drogenhandel zu bekämpfen. Seine Initiativen wie das GRIDS-Programm haben zur Beschlagnahmung und Verhaftung von Drogen und zur Zerschlagung krimineller Netzwerke geführt.

Die Bereiche Herstellung, Vermarktung, Transport und Vertrieb sind besonders anfällig für die Ausbeutung durch diejenigen, die mit gefährlichen Stoffen handeln. Nach Ansicht des Rates ist eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Regierungen, internationalen Organisationen, Regulierungsbehörden und dem privaten Sektor notwendig, um den neuen Herausforderungen entgegenzutreten.

Anhaltende Ungleichheiten beim Zugang zu Schmerzmitteln

In vielen Teilen der Welt gibt es nicht genug leistbares Morphin, um den medizinischen Bedarf zu decken. Diese anhaltenden regionalen Ungleichheiten bei der Verwendung von Opioid-Analgetika zur Schmerzlinderung sind nicht auf einen Mangel an Opiat-Rohstoffen zurückzuführen, sondern zum Teil auf ungenaue Schätzungen des tatsächlichen medizinischen Bedarfs der jeweiligen Bevölkerung. Am höchsten ist der Verbrauch von Schmerzmitteln nach wie vor in Europa und Nordamerika.

Im Jahr 2023 besteht ein akuter Bedarf an Medikamenten mit international kontrollierten Substanzen für Menschen, die von Naturkatastrophen und Notfällen im Zusammenhang mit Klimawandel und Konflikten betroffen sind. Der INCB fordert die Regierungen auf, in solchen Situationen vereinfachte Kontrollverfahren anzuwenden, um die ungehinderte Verfügbarkeit dieser Arzneimittel zu gewährleisten.

Bemerkenswerte Entwicklungen beim Angebot von illegalen Drogen 

In Afghanistan sind der illegale Anbau von Schlafmohn und die Heroinproduktion drastisch zurückgegangen. Der INCB ist der Ansicht, dass den betroffenen Landwirten und Landwirtinnen, die keine anderen Verdienstmöglichkeiten haben, alternative Einkommensquellen geboten werden müssen. 

Die Folgen der Opioidkrise in Nordamerika sind nach wie vor gravierend. Die Zahl der Todesfälle, die auf andere synthetische Opioide als Methadon zurückzuführen sind, ist weiterhin steigend und hat im Jahr 2021 mehr als 70.000 erreicht.

Drogenhandelsorganisationen weiten ihre Aktivitäten im Amazonasbecken auf illegalen Bergbau, illegalen Holzeinschlag und Wildtierhandel aus. 

Der illegale Anbau von Kokasträuchern hat in Kolumbien und Peru Rekordhöhen erreicht und ist um 13 bzw. 18 Prozent gestiegen. In West- und Zentralafrika, einer wichtigen Transitregion für Kokain, erreichten die Sicherstellungen von Kokain im Jahr 2021 ein Rekordniveau.

Mehrere europäische Länder haben weiterhin regulierte Märkte für Cannabis für nichtmedizinische Zwecke eingerichtet. Diese Programme scheinen nicht im Einklang mit dem Einheits-Übereinkommen zu stehen.

Über Südasien wird offenbar zunehmend illegal in Afghanistan hergestelltes Methamphetamin nach Europa und Ozeanien geschmuggelt.

Die pazifischen Inselstaaten haben sich von reinen Durchgangsorten entlang der Drogenhandelsrouten zu Zielmärkten für synthetische Drogen entwickelt. Für die Gemeinschaften und ihre öffentlichen Gesundheitssysteme stellt dies eine große Herausforderung dar.

Bericht über Vorläufersubstanzen 

Im Rahmen der internationalen Bemühungen, Hersteller illegaler Drogen daran zu hindern, bestimmte kontrollierte Chemikalien durch eng verwandte Ersatzstoffe zu ersetzen, empfiehlt der Rat, insgesamt 16 amphetaminartige Stimulanzien-Vorläufer (zwei Serien eng verwandter Chemikalien) unter internationale Kontrolle zu stellen.

Zwei Fentanyl-Vorläufersubstanzen wurden ebenfalls vom INCB bewertet und auf Antrag der Vereinigten Staaten zur internationalen Kontrolle empfohlen. Der Bericht über Vorläufersubstanzen zeigt auch einen Anstieg der nicht kontrollierten Fentanyl-Vorläufersubstanzen in Nordamerika im Jahr 2023.

Die Suchtstoffkommission wird auf ihrer Sitzung im März darüber abstimmen, ob alle 16 Substanzen unter internationale Kontrolle gestellt werden sollen. Dies soll durch die Aufnahme in Tabelle I des Einheits-Übereinkommens von 1988 geschehen.

Der INCB ist besorgt über den Mangel an Kontrollen und Inspektionen in bestimmten Freihandelszonen, die für illegale Aktivitäten missbraucht werden können. Der Rat fordert die Regierungen auf, diese Zonen ordnungsgemäß zu überwachen, um zu verhindern, dass sie für den Handel mit Drogenausgangsstoffen missbraucht werden.

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Der INCB ist das unabhängige, quasi-juristische Organ, das damit beauftragt ist, die Einhaltung der drei internationalen Drogenkontrollübereinkommen durch die Regierungen zu fördern und zu überwachen: Das Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe; Das Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe; und Das Übereinkommen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen von 1988.  Die dreizehn Mitglieder des durch das Einheits-Übereinkommen über Suchtstoffe von 1961 geschaffenen Rats werden vom Wirtschafts- und Sozialrat persönlich für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt.

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Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: 

INCB-Sekretariat 
Tel.: (+43-1) 26060-4163 
Email: incb.secretariat[at]un.org 
www.incb.org 

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